Der Retail-Gigant Amazon weitet seine Präsenz im Gesundheitssektor aus, indem die erste physische Amazon-Apothekenfiliale in Europa eröffnen wird. In Mailand soll in der zweiten Jahreshälfte eine rund 135 Quadratmeter große Apotheke in zentraler Lage ihre Türen öffnen. Ob Amazon bereits Genehmigungen für den Verkauf rezeptfreier Medikamente beantragt hat, ist laut ZM Online derzeit allerdings unklar. Sollte dies der Fall sein, könnte der Standort in Mailand zu einem zentralen Drehkreuz für den Verkauf in andere EU-Länder und als mögliche Blaupause für Horror-Szenarien für Deutschland avancieren.
Der Start in Italien stellt daher einen bedeutenden Schritt in Amazons Bemühungen dar, seine Reichweite im Gesundheitssektor weiter auszubauen. Amazon ist bisher vorwiegend im Online-Gesundheits- und Apothekenbereich tätig und betreibt in den USA seit 2020 den Service Amazon Pharmacy, eine Art Prime für Medikamente. Kunden können Medikamente direkt über Amazon suchen, Profile erstellen, ihre Rezepte übertragen und vieles mehr. Ein Highlight ist das RxPass-Programm, das für Prime-Mitglieder alle förderfähigen Generika-Medikamente für eine monatliche Pauschale von 5 $ anbietet, unabhängig von der Anzahl der Rezepte. Kunden können auch von automatischen Nachbestellungen profitieren, die kostenlos geliefert werden. Zudem setzt Amazon Pharmacy auf Einfachheit und Zugänglichkeit, indem es automatisch Gutscheine für berechtigte Medikamente anwendet.
Der Plan, sich nun auch im europäischen Arzneimittelmarkt einen Namen zu machen, wird spätestens durch die Sicherung der Marke „Amazon Pharmacy“ in der EU offensichtlich, wie die Pharmezeutische Zeitung berichtet. Dies unterstreicht den langfristigen Ansatz des Unternehmens, auch in stärker regulierten Märkten wie Deutschland Fuß zu fassen, wo strikte Vorschriften, wie das Fremd- und Mehrbesitzverbot, bestehen.
Für den deutschen Apothekenmarkt käme ein Markteintritt von Amazon einem Horror-Szenario gleich. Der E-Commerce-Riese könnte mit der Integration einer eigenen Apotheke in sein Geschäftsmodell innerhalb von nur drei Jahren zum Marktführer im deutschen Apothekenmarkt aufsteigen, wie die Unternehmensberatung Smile.BI in ihrer neuen Amazon-Studie 2024 prognostiziert. Die These sei zwar gewagt, allerdings mache die E-Rezept-Einführung das Szenario einer echten deutschen Amazon-Apotheke „sehr wahrscheinlich“.
Die Studie offenbart zudem, dass Amazons in Deutschland bereits den vierten Platz in einem Ranking von E-Pharmacies basierend auf dem Umsatz erreicht. In den USA kletterte Amazon Pharmacy im Jahr 2024 im Ranking der führenden Online-Apotheken sogar auf Platz Zwei. Damit hat sich der Marktplatz bereits fest in der Wahrnehmung der Verbraucher etabliert und verfügt über effektive Strategien, die letztlich auch in einem stärker regulierten Markt wie Deutschland funktionieren werden. Die geplante Filiale in Mailand darf daher in vielerlei Hinsicht als Meilenstein und mögliche Blaupause für weitere europäische Märkte betrachtet werden.