Im ersten Quartal 2024 haben in Deutschland 5.205 Unternehmen Insolvenz angemeldet, was einem Anstieg von 26,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht (1. Quartal 2023: 4.117 Insolvenzen). Die Zahlen gehen aus einer Analyse des Informationsdienstleisters CRIF hervor und markieren den höchsten Stand seit dem ersten Quartal 2016, als 5.436 Insolvenzen gemeldet wurden. Seit Juni 2023 steigen die Insolvenzen monatlich im zweistelligen Prozentbereich im Vergleich zum Vorjahr.
Die Prognose für das gesamte Jahr 2024 liegt derzeit bei 20.500 Firmeninsolvenzen und übertrifft damit die Anfang März prognostizierten 19.800 Insolvenzen. Dies bedeutet einen Anstieg um knapp 15 Prozent im Vergleich zu 2023 (17.847 Insolvenzen). Damit werden die Insolvenzen in diesem Jahr ein höheres Niveau erreichen als in den Jahren vor der Corona-Pandemie (2017: 20.276; 2018: 19.552; 2019: 19.005).
Dr. Frank Schlein, Geschäftsführer von CRIF Deutschland, kommentiert: „Zehn Monate in Folge verzeichnen wir zweistellige prozentuale Zuwachsraten bei den Insolvenzen. Angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen fällt es zunehmend schwer, von einer nicht vorhandenen Insolvenzwelle zu sprechen. Ein starkes Auslandsgeschäft oder eine anziehende Inlandsnachfrage, die als Motor hätten wirken können, blieben bisher aus. Zudem zeigt der private Konsum nur eine leichte Aufhellung und die geopolitischen Risiken bestehen weiter.“
Regionale Unterschiede
Berlin weist mit 28 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen die höchste Insolvenzdichte auf, gefolgt von Hamburg (22) und Nordrhein-Westfalen sowie dem Saarland (je 21). Der Bundesdurchschnitt liegt bei 17 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen. Bayern, Brandenburg und Thüringen verzeichnen mit je 12 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen die geringsten Werte. Absolut betrachtet meldeten Nordrhein-Westfalen (1.311), Bayern (717) und Baden-Württemberg (624) die meisten Insolvenzen.
In 15 Bundesländern stiegen die Insolvenzzahlen im Vergleich zum Vorjahr, besonders stark in Mecklenburg-Vorpommern mit einem Plus von 83,7 Prozent. Auch Brandenburg (plus 50,7 Prozent), Sachsen (plus 39,2 Prozent) und Rheinland-Pfalz (plus 37 Prozent) verzeichneten deutliche Anstiege.
Verschlechterte Zahlungsmoral
Die Zahlungsmoral deutscher Unternehmen, ein wichtiger Indikator für potenzielle Zahlungsausfälle und damit Vorbote für Insolvenzen, hat sich in den ersten fünf Monaten 2024 deutlich verschlechtert. Überfällige Rechnungen wurden durchschnittlich mit einem Verzug von rund 26,9 Tagen bezahlt, gegenüber 19,2 Tagen im Vorjahreszeitraum. Insgesamt wurden im Mai 2024 knapp 540.000 Unternehmen hinsichtlich ihrer Zahlungsmoral analysiert.
Dr. Schlein erläutert: „Das Zahlungsverhalten der Unternehmen hat sich verschlechtert. Wir beobachten vermehrt ein liquiditätsschonendes Verhalten seitens der Firmen. Deutschlands Unternehmen gewähren ihren Gläubigern im Durchschnitt ein Zahlungsziel von 26 Tagen. Bei Nicht- oder Spätzahlern werden Rechnungen erst nach durchschnittlich 52 Tagen bezahlt, was doppelt so lange ist wie ursprünglich einkalkuliert. Dadurch werden Unternehmen unfreiwillig zum Kreditgeber ihrer Kunden.“
Besonders mittelständische und kleine Unternehmen sind von der schlechten Zahlungsmoral betroffen, da verspätete oder unbezahlte Rechnungen zu Liquiditätsengpässen führen können. Dies erhöht den Verwaltungsaufwand und die Kosten für die betroffenen Unternehmen und kann im schlimmsten Fall zu einer wirtschaftlichen Schieflage führen.