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EU-Kommission verhängt Multi-Millionen-Strafe gegen Delivery Hero und Glovo

Glovo Rider auf einem Roller
Foto: Jacob Jin / Pexels

Key takeaways

Die EU-Kommission hat Delivery Hero und Glovo wegen wettbewerbswidriger Absprachen im Online-Liefergeschäft zu Geldbußen von insgesamt 329 Millionen Euro verurteilt. Die Unternehmen teilten Märkte auf, tauschten sensible Informationen aus und schlossen gegenseitige Abwerbeverbote ab. Es ist der erste Kartellfall mit Fokus auf den Arbeitsmarkt.

Lesezeit ca. 3 Minuten

Delivery Hero und Glovo, zwei der führenden Lieferdienste in Europa, sind von der Europäischen Kommission zu Geldbußen in Höhe von insgesamt 329 Millionen Euro verurteilt worden, wie EU-Kommission heute mitteilt. Grund ist ein wettbewerbswidriges Kartell, das zwischen 2018 und 2022 bestand und sich auf den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum erstreckte. Der Fall markiert gleich zwei Premieren in der EU-Kartellrechtsgeschichte: Er betrifft erstmals explizit den Arbeitsmarkt und ahndet erstmals den Missbrauch einer Minderheitsbeteiligung an einem Konkurrenten.

Absprachen auf mehreren Ebenen

Kern des „Kartells“ war die enge Abstimmung zwischen Delivery Hero und Glovo in wettbewerbsrelevanten Bereichen. Die Kommission stellte fest, dass die Unternehmen ein umfassendes Abwerbeverbot für Mitarbeitende vereinbart hatten. Dieses begann mit Klauseln in der Aktionärsvereinbarung, als Delivery Hero 2018 erstmals Anteile an Glovo erwarb, und weitete sich später zu einer allgemeinen, gegenseitigen Abmachung aus.

Parallel dazu tauschten die Unternehmen regelmäßig sensible Geschäftsinformationen aus – darunter Angaben zu Preisen, Strategien, Kapazitäten und Kostenstrukturen. Dieser Informationsfluss erleichterte es ihnen, ihr Marktverhalten gezielt aufeinander abzustimmen. Darüber hinaus einigten sie sich darauf, nationale Märkte für Online-Essenslieferungen untereinander aufzuteilen. Bestehende Überschneidungen wurden beseitigt, neue Markteintritte des jeweils anderen Unternehmens wurden unterlassen.

Missbrauch einer Beteiligung

Die kartellwidrigen Handlungen wurden laut Kommission maßgeblich durch die Beteiligung Delivery Heros an Glovo ermöglicht. Auch wenn der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an einem Wettbewerber rechtlich nicht verboten ist, eröffnete sie in diesem Fall weitreichende Einflussmöglichkeiten. So erhielt Delivery Hero direkten Zugang zu vertraulichen Informationen und konnte Entscheidungen bei Glovo mitgestalten. Die Kommission sieht hierin eine strukturelle Gefahr für den Wettbewerb in Märkten mit Beteiligungsverhältnissen.

Rechtsgrundlagen und Sanktionen

Die Kommission stuft das Verhalten als eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens ein. Bei der Berechnung der Geldbußen wurden die Schwere, die Dauer und die geografische Ausdehnung der Verstöße berücksichtigt. Zusätzlich erhielten beide Unternehmen einen Strafrabatt von 10 Prozent, weil sie sich auf ein Vergleichsverfahren einließen und ihre Vergehen einräumten.

Die aufgeschlüsselten Geldbußen betragen:

  • Delivery Hero SE: 223.285.000 Euro
  • Glovoapp23 SA: 105.732.000 Euro

Hintergründe der Unternehmen

Delivery Hero hat seinen Hauptsitz in Deutschland und ist in über 70 Ländern tätig, darunter 16 EWR-Staaten. Der Dienstleister kooperiert mit Hunderttausenden Restaurants weltweit und ist an der Frankfurter Börse gelistet. Glovo stammt aus Spanien, operiert in über 20 Ländern – davon acht im EWR – und wurde 2022 vollständig von Delivery Hero übernommen.

Untersuchung und Aufdeckung

Die Kommission startete 2022 eine Untersuchung auf eigene Initiative, nachdem Hinweise über mögliche Absprachen eingegangen waren. Diese stammten unter anderem von einer nationalen Wettbewerbsbehörde sowie über das anonyme Hinweisgebersystem der Kommission. Unangekündigte Durchsuchungen in den Räumlichkeiten beider Unternehmen folgten im Juni 2022 und im November 2023.

Das formelle Verfahren wurde im Juli 2024 eingeleitet. Ziel war es, verborgene Wettbewerbsbeschränkungen auf einem jungen, wachstumsstarken Markt zu identifizieren, in dem Anbieter häufig um Marktführerschaft kämpfen oder sich andernfalls zurückziehen.

Vergleichsverfahren und Kronzeugenregelung

Das in diesem Fall angewandte Vergleichsverfahren existiert seit 2008 und ermöglicht der Kommission eine schnellere Ahndung von Kartellen. Unternehmen profitieren dabei durch ein verkürztes Verfahren und eine reduzierte Geldbuße. Für die Kommission bedeutet dies eine effizientere Ressourcennutzung und geringere Kosten für Verbraucher und Steuerzahler. Der Fall Delivery Hero/Glovo ist der 44. Beschluss dieser Art.

Die Kommission verweist zudem auf ihre Kronzeugenregelung. Unternehmen, die ihre Beteiligung an einem Kartell frühzeitig offenlegen und umfassend kooperieren, können mit einem teilweisen oder vollständigen Erlass der Strafe rechnen. Im vorliegenden Fall machte jedoch keines der beteiligten Unternehmen von dieser Option Gebrauch.

Signalwirkung für den Markt

Mit dem Verfahren sendet die Kommission ein klares Signal an die Plattformökonomie und den digitalen Liefersektor: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen – ob durch Informationsaustausch, Absprachen oder missbrauchte Beteiligungen – werden konsequent verfolgt. Dabei steht nicht nur der Endkunde im Fokus, sondern auch die Sicherstellung fairer Arbeitsbedingungen in einem zunehmend fragmentierten und von Plattformen dominierten Beschäftigungsmarkt.

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