Die jüngsten Daten des ifo Instituts zeigen eine deutliche Zunahme bei den Preiserwartungen deutscher Unternehmen. Im Oktober kletterte der ifo-Index für Preiserwartungen auf 15,9 Punkte, ein Anstieg gegenüber 14,1 Punkten im Vormonat. Der Großteil dieses Wachstums ist in den Sektoren Industrie, unternehmensnahe Dienstleistungen und Handel zu beobachten, wo zunehmend Preissteigerungen geplant sind. Konsumnahe Dienstleistungsunternehmen und die Baubranche hingegen reduzierten ihre Erwartungen und bleiben bei Preisanpassungen zurückhaltender.
Für die nahe Zukunft rechnet der ifo-Konjunkturexperte Sascha Möhrle mit einem Anstieg der Inflationsrate auf etwa zwei Prozent. Diese Marke entspricht dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB), das sich zuletzt nur schwer realisieren ließ. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die konsumnahen Wirtschaftsbereiche. Insbesondere im Einzelhandel stiegen die Preiserwartungen im Oktober auf 21,4 Punkte, nachdem sie im September noch bei 19,1 Punkten lagen.
In den konsumnahen Dienstleistungsbranchen – etwa im Tourismus und im Freizeitbereich – gingen die Preiserwartungen hingegen zurück. Der Indikator fiel hier auf 18,5 Punkte, ein deutlicher Rückgang gegenüber den 22,0 Punkten im Vormonat und der niedrigste Wert seit April 2021. Die hohen Lohnkosten machen den Dienstleistungssektor jedoch weiterhin zu einem wichtigen Treiber der Inflation. „Mit Lohnsteigerungen von fast vier Prozent bleibt die Inflation in diesem Bereich auf hohem Niveau“, erklärt Möhrle und verweist damit auf die Bedeutung, die die EZB der Entwicklung in diesem Sektor beimisst.
Bei der Industrie und den unternehmensnahen Dienstleistern (einschließlich des Großhandels) wurde ebenfalls ein Anstieg der Preiserwartungen verzeichnet. Im Oktober erreichte der Indikator für die Industrie 7,5 Punkte und für die unternehmensnahen Dienstleister 18,8 Punkte, gegenüber 6,3 bzw. 18,0 Punkten im September. Der Bausektor zeigt sich dagegen weniger optimistisch: Hier fiel der Indikator von minus 1,0 Punkten im September auf minus 3,0 Punkte im Oktober. Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass Bauunternehmen angesichts der Nachfrageentwicklung eher mit Preissenkungen rechnen.
Der ifo-Indikator für Preiserwartungen misst das Nettoergebnis aus der Anzahl der Unternehmen, die Preiserhöhungen planen, abzüglich derer, die Preissenkungen erwarten. Der höchste Wert, den der Saldo erreichen könnte, wäre +100, wenn alle befragten Unternehmen eine Erhöhung anstreben würden. Der Wert -100 wäre das Pendant, falls alle Unternehmen Preissenkungen planten. Die Angaben sind saisonbereinigt und beziehen sich ausschließlich auf die Preistendenz, nicht auf die erwartete Höhe der Anpassungen.
Mit den gestiegenen Preiserwartungen in verschiedenen Sektoren könnte sich das Inflationsniveau in den kommenden Monaten weiter stabilisieren und den EZB-Richtwert von zwei Prozent erreichen. Dies könnte der Geldpolitik eine Orientierung bieten, wie die weiteren Maßnahmen im Zinsumfeld gestaltet werden.