Richemont konnte im ersten Halbjahr 2024 den Umständen entsprechend mit einem leichten Umsatzrückgang ein „weitgehend stabiles Ergebnis“ erzielen – trotz anhaltend schwieriger makroökonomischer und geopolitischer Rahmenbedingungen. Laut Reuters zeigten sich Anleger und Analysten jedoch enttäuscht und die Richemont-Aktien verlor dementsprechend leicht.
Der Umsatz der Gruppe ging um 1 % auf 10,1 Milliarden Euro zurück. Der operative Gewinn aus fortgeführten Geschäftsbereichen lag bei 2,2 Milliarden Euro, was einem Rückgang von 17 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Grund für den Rückgang sind unter anderem negative Wechselkurseffekte und die schwächere Nachfrage in der Asien-Pazifik-Region, insbesondere in China. Die operative Marge fiel von 26 % im Vorjahr auf 21,9 %.
Das starke Abschneiden in den Regionen Amerika und Japan half jedoch, den Rückgang in Asien zu kompensieren: Der Umsatz stieg in Amerika um 10 % und in Japan sogar um beeindruckende 32 %. Auch Europa sowie die Region Naher Osten und Afrika erzielten gute Ergebnisse und tragen zur stabilen Umsatzentwicklung bei. Richemont profitiert dabei von einer zunehmenden Kundennähe, denn 76 % der Verkäufe erfolgen direkt an die Endkunden – eine Strategie, die sich positiv auf die Margen auswirkt und dem Unternehmen mehr Kontrolle über den Vertrieb ermöglicht.
Besonders robust erwies sich das Geschäft der Schmuckmarken, zu denen namhafte Maisons wie Cartier und Van Cleef & Arpels gehören. Mit einem Umsatzwachstum von 2 % erwirtschaftete das Schmucksegment eine operative Marge von 32,9 %, was es zum profitabelsten Bereich des Konzerns macht. Auch wenn es nur geringe Preisanpassungen gab, konnten die höheren Rohstoffkosten – insbesondere für Gold – gut abgefangen werden. Im Gegensatz dazu verzeichnete die Uhren-Sparte aufgrund der schwächeren Nachfrage in Asien einen Umsatzrückgang von 17 %. Die operative Marge dieser Sparte sank auf 9,7 %. Richemont kündigte an, seine Produktionsplanung in diesem Bereich künftig stärker an die schwankende Nachfrage anzupassen, um eine hohe Exklusivität und Nachfrage nach Luxusuhren zu sichern.
Neben den stabilen Umsätzen in bestehenden Bereichen hat Richemont das Portfolio weiter gestärkt. Im September 2024 erwarb das Unternehmen die italienische Schmuckmarke Vhernier und ergänzt damit sein bereits vielfältiges Schmuckangebot um eine weitere Marke mit besonderem Designfokus. Diese Akquisition ist Teil der Strategie des Unternehmens, seine Präsenz im wachsenden internationalen Schmuckmarkt auszubauen.
Ein bedeutender Schritt für das E-Commerce-Geschäft und das Portfoliomanagement ist der geplante Verkauf von YOOX NET-A-PORTER (YNAP) an Mytheresa. Richemont plant, seine verbleibenden YNAP-Anteile im ersten Halbjahr 2025 an Mytheresa abzugeben und dafür eine Beteiligung von 33 % an Mytheresa zu erhalten. Die Transaktion soll nicht nur die Präsenz von Richemont im Online-Luxussegment stärken, sondern auch eine Verschlankung des Portfolios bewirken, da YNAP seit Jahren als eine Herausforderung im Richemont-Portfolio galt. Der Verkaufsprozess ist jedoch noch von den üblichen behördlichen Genehmigungen abhängig.
Mit einer Nettoliquidität von 6,1 Milliarden Euro zum Stichtag 30. September 2024 zeigt sich Richemont trotz Marktherausforderungen in einer soliden finanziellen Position. Diese Summe umfasst nicht die Barbestände von YNAP, die als zur Veräußerung gehaltene Vermögenswerte eingestuft wurden. Die Cashflow-Generierung des Konzerns lag im Halbjahr bei 1,2 Milliarden Euro und unterstreicht die finanzielle Stabilität und strategische Flexibilität des Unternehmens.
Richemont blickt trotz einer unsicheren wirtschaftlichen Lage zuversichtlich in die Zukunft und zeigt durch die Anpassung seiner Strategie, die Verstärkung der Schmuckmarken und eine ausgewogene regionale Präsenz, dass es den Herausforderungen des Marktes gewachsen ist.