Der deutsche Textilhandel hat 2024 einen Gesamtumsatz von 67,5 Milliarden Euro erzielt und bleibt damit nahezu auf Vorjahresniveau. Doch trotz dieser scheinbaren Stabilität steht die Branche unter massivem wirtschaftlichen Druck. Besonders betroffen ist der stationäre Modehandel, der sich von den Einbrüchen der Corona-Jahre noch nicht erholt hat. Der Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels (BTE) fordert deshalb bessere Rahmenbedingungen, insbesondere einen Abbau der Bürokratie und eine gerechtere Regulierung im Wettbewerb mit Onlineplattformen aus Asien.
Stationärer Handel leidet unter steigenden Kosten
Die Umsätze des Mode- und Textilhandels haben sich 2024 laut ersten Hochrechnungen des BTE kaum verändert. Während stationäre Bekleidungsgeschäfte, Warenhäuser, Discounter und Onlinehändler Textilien im Wert von 67,5 Milliarden Euro verkauften, lag dieser Wert 2023 noch bei 67,52 Milliarden Euro – ein praktisch unverändertes Niveau.
Doch wirtschaftlich ist die Situation angespannt. „Seit 2019 sind die Kosten für unsere Unternehmen um rund 20 Prozent gestiegen“, erklärt BTE-Präsident Mark Rauschen, der auch geschäftsführender Gesellschafter des Modehauses L&T Lengermann & Trieschmann ist. Die stagnierenden Umsätze stehen damit erheblichen Kostensteigerungen gegenüber, was die Erträge massiv belastet. In den vergangenen Jahren führte dies vermehrt zu Geschäftsaufgaben und Insolvenzen im mittelständischen Textilhandel.
Onlinehandel gewinnt weiter Marktanteile
Besonders herausfordernd ist die Lage für den stationären Textilfachhandel. Nach den coronabedingten Einbrüchen konnte sich dieser zwar bis 2024 auf 36 Milliarden Euro Umsatz erholen, liegt damit aber immer noch unter dem Niveau von 2019. Gleichzeitig hat der Onlinehandel seine Position weiter ausgebaut. Nach Berechnungen des BTE stieg der Online-Umsatz im Bekleidungssegment auf 19,1 Milliarden Euro. Damit wuchs der Marktanteil des E-Commerce innerhalb von fünf Jahren von 21,4 auf 28,3 Prozent.
Die Perspektiven für 2025 bleiben verhalten. Laut einer aktuellen BTE-Umfrage erwartet nur ein Drittel der befragten Textilhändler ein Umsatzplus, während 30 Prozent mit einem Rückgang von mindestens einem Prozent rechnen. „Steigende Kosten werden viele Händler weiterhin unter Druck setzen“, prognostiziert Rauschen.
Bürokratieabbau und fairer Wettbewerb gefordert
Angesichts dieser Herausforderungen richtet der BTE klare Forderungen an die Politik. Ein zentrales Problem sei die hohe Bürokratiebelastung, die in der BTE-Umfrage als größtes Hemmnis identifiziert wurde. „Die Politik verspricht uns seit Jahren einen Abbau, doch in der Realität nehmen Berichts-, Prüfungs- und Kontrollpflichten stetig zu“, kritisiert Rauschen. Besonders mittelständische Unternehmen leiden unter dem Zeit- und Kostenaufwand, den umfangreiche Dokumentationspflichten zu Nachhaltigkeit, Arbeitszeiten und Sicherheitsvorgaben verursachen.
Ein weiteres Problem sieht der BTE in der ungleichen Wettbewerbsregulierung. Während deutsche Händler strenge Vorgaben erfüllen müssen, gelangen über Plattformen wie Shein und Temu weiterhin große Mengen an Billigwaren aus Asien nahezu unkontrolliert auf den Markt. Viele dieser Produkte weisen laut BTE Schadstoffbelastungen auf oder unterliegen fragwürdigen Produktionsbedingungen.
Der Verband begrüßt daher die geplanten Maßnahmen der EU, Direktimporte aus Drittstaaten stärker zu regulieren und die bisherige Zollfreiheit für Billigwaren abzuschaffen. „Diese Maßnahmen müssen schnellstmöglich umgesetzt werden – idealerweise noch in diesem Jahr“, fordert Rauschen.
Für die Zukunft des Textilhandels sieht der BTE nur eine Lösung: weniger Bürokratie, fairer Wettbewerb und mehr unternehmerische Freiheiten. „Das ist auch notwendig für den Erhalt attraktiver Innenstädte“, so Rauschen abschließend.