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Das Ende der Amazon-Aggregatoren: SellerX in der Krise

SellerX Homepage
Foto: sellerx.com

Der Aufstieg der Amazon-Aggregatoren galt als eine der aufregendsten Entwicklungen im E-Commerce der letzten Jahre. Mit enormen Investitionen, schnellen Marktkäufen und einer aggressiven Wachstumsstrategie gelang es diesen Unternehmen, sich in Rekordzeit zu Global Playern zu entwickeln. Doch wie sich zeigt, war das Fundament, auf dem diese Erfolgsgeschichte gebaut wurde, alles andere als stabil. Der Fall von SellerX, einem einst gefeierten Unicorn, das nun laut Bloomberg von Blackrock versteigert werden soll, verdeutlicht die grundlegenden Schwächen dieses Geschäftsmodells und wirft die Frage auf, ob der Traum von der Konsolidierung der Amazon-Marktplatzhändler endgültig ausgeträumt ist.

Ein riskantes Spiel auf Pump

Das Geschäftsmodell der Amazon-Aggregatoren basierte auf einer simplen, aber riskanten Wette: Man übernahm erfolgreich agierende Amazon-Händler, bündelte deren Prozesse und setzte auf Skaleneffekte, um die Profitabilität zu steigern. Finanziert wurde dieses Wachstum durch hohe Fremdkapitalaufnahmen. So auch bei SellerX, das im Jahr 2021 eine Kreditlinie von 400 Millionen US-Dollar von BlackRock und Victory Park Capital erhielt. Diese Summe wurde später sogar noch auf 500 Millionen US-Dollar aufgestockt, um weitere Übernahmen, wie die des US-Rivalen Elevate Brands, zu ermöglichen. Das Geschäftsmodell beruhte auf der Annahme, dass der pandemiebedingte E-Commerce-Boom anhalten würde und die neu erworbenen Unternehmen schnell in die Profitabilität geführt werden könnten.

Doch genau hier lag der entscheidende Fehler. Der E-Commerce-Markt, der während der Pandemie einen beispiellosen Boom erlebte, normalisierte sich schneller als erwartet. Das Umsatzwachstum stagnierte, und die erhofften Margen blieben aus. Gleichzeitig wuchs die Schuldenlast der Aggregatoren, die ihre Verpflichtungen nicht mehr bedienen konnten. SellerX, einst als europäisches Pendant zum US-Vorbild Thrasio gefeiert, steht nun symbolisch für das Scheitern dieses Modells. BlackRock, einer der Hauptgläubiger von SellerX, hat nun die Reißleine gezogen und eine Auktion des Unternehmens eingeleitet, die am 17. September stattfinden soll.

Die Illusion der unbegrenzten Skalierbarkeit

Was ursprünglich als innovatives Geschäftsmodell gefeiert wurde, erweist sich zunehmend als schwerwiegende Fehlkalkulation. Der Glaube an die unbegrenzte Skalierbarkeit durch die Konsolidierung von Amazon-Händlern verkennt die Komplexität des E-Commerce-Marktes. Zwar bot die Bündelung von Prozessen und das Heben von Synergien theoretisch große Vorteile, doch in der Praxis führten die Übernahmen oft zu einer Überforderung der operativen Strukturen. Die Integration zahlreicher, teils sehr unterschiedlicher Marken unter ein Dach stellte sich als erheblich schwieriger heraus als erwartet.

Zudem unterschätzten die Aggregatoren die Dynamik des Marktes. Viele der übernommenen Händler sahen sich nach der Pandemie mit veränderten Konsumgewohnheiten konfrontiert. Bestände, die in der Hochphase der Pandemie noch als wertvolle Assets galten, wurden plötzlich zu Altlasten, die kaum noch absetzbar waren. Die Folge: Schrumpfende Margen und eine steigende finanzielle Belastung. Was als Erfolgsgeschichte begann, endete für viele Aggregatoren in einem Schuldenstrudel, aus dem es kein Entkommen gab.

Konsolidierung als zweischneidiges Schwert

Die Konsolidierung, die den Amazon-Aggregatoren als großer Vorteil gegenüber den einzelnen Händlern galt, erwies sich in der Praxis als zweischneidiges Schwert. Einerseits konnten durch die Bündelung von Ressourcen und Know-how Synergien gehoben werden. Andererseits führte die zentrale Steuerung zu einem Verlust an Flexibilität und Schnelligkeit, die gerade im dynamischen E-Commerce-Umfeld von entscheidender Bedeutung sind. Hinzu kamen die Herausforderungen der internationalen Expansion, die zwar Wachstum versprach, aber auch erhebliche Risiken mit sich brachte. SellerX ist kein Einzelfall. Der gesamte Markt der Aggregatoren befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Bereits in den letzten Monaten mussten mehrere Unternehmen ihre Expansionspläne zurückfahren, Mitarbeiter entlassen und finanzielle Rettungsanker suchen. Der gescheiterte Versuch, durch massiven Kapitaleinsatz ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu etablieren, hat die Branche in eine tiefe Krise gestürzt.

Fazit: Fragliche Zukunft der Aggregatoren

Die harsche Realität, die SellerX nun erlebt, ist nicht nur das Ergebnis schlechter Marktbedingungen, sondern möglicherweise auch eines Managements, das überheblich die eigenen Fähigkeiten überschätzt hat. In einem ungewöhnlich persönlichen Beitrag auf Wortfilter geht es um Lügen und Konkurrenz schlechtmachten, auch Business Insider widmet einen lesenswerter Artikel, der den ganzen SellerX-Fall gut resümiert.

Nach der Insolvenz von Thrasio reiht sich nun also mit SellerX der nächste Aggregatoren-Gigant ein. Allgemein gesprochen, die Krise der Amazon-Aggregatoren wirft grundsätzliche Fragen zur Zukunft dieses Geschäftsmodells auf: War der Erfolg der ersten Jahre nur ein Zufallsprodukt der außergewöhnlichen Marktbedingungen während der Pandemie? Oder haben die Unternehmen schlichtweg ihre eigenen Fähigkeiten überschätzt und sich mit zu großen Ambitionen übernommen? Klar ist, dass die Branche vor einer entscheidenden Bewährungsprobe steht. Die Gläubiger, die nun die Kontrolle übernehmen, werden alles daransetzen, die wertvollen Assets der Aggregatoren zu retten und mögliche Sanierungsschritte einzuleiten. Doch ob dies ausreicht, um die Strukturen nachhaltig zu stabilisieren, bleibt fraglich. Die Zeit der großen Amazon-Aggregatoren könnte schneller zu Ende gehen, als es viele erwartet haben.

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