Die jüngst verabschiedete EU-Verbraucherkreditrichtlinie könnte das traditionelle Modell des Kaufs auf Rechnung, das seit Jahrzehnten in Deutschland erfolgreich praktiziert wird, in den Hintergrund drängen. Diese Richtlinie zielt darauf ab, klare Regeln für Zahlungsmethoden im Fernabsatz zu etablieren, um Verbraucher vor potenziellen Risiken moderner Bezahlmethoden zu schützen.
Alien Mulyk, Leiterin Public Affairs Europa und International beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh), äußert Bedenken hinsichtlich dieser Entwicklung. Sie betont, dass Kunden, die nicht bereit sind, bei jedem Kauf auf Rechnung ihre finanziellen und persönlichen Daten preiszugeben, in vielen Fällen gezwungen sein könnten, ihre Einkäufe im Voraus zu bezahlen. Dies könnte dazu führen, dass viele Händler diese Zahlungsoption nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr anbieten.
Birgit Janik, eine Expertin im Bereich Zahlungsverkehr und Leiterin Steuern, Finanzen & Controlling beim bevh, unterstreicht die Beliebtheit des Rechnungskaufs in Deutschland. Sie betont, dass dieser Zahlungsmodus für Verbraucher einfach, sicher und kosteneffizient ist und sich deutlich von einem Verbraucherkredit unterscheidet.
Die Richtlinie enthält zwar Ausnahmeregelungen, bekannt als „Out of scope“-Regeln, doch diese könnten für viele Händler unpraktikabel sein. Insbesondere kleinere Händler könnten Schwierigkeiten haben, die erforderliche Liquidität für Zahlungsziele von bis zu 50 Tagen ohne die Einbindung von Drittanbietern aufzubringen.
Statistiken des bevh zeigen, dass der Rechnungskauf in den ersten sechs Monaten dieses Jahres eine der bevorzugten Zahlungsmethoden war, wobei 16,9 Prozent aller Verbraucher diese Option nutzten. Im Gegensatz dazu nutzten nur 2,0 Prozent der Kunden Ratenkaufangebote über Plattformen wie Paypal oder Klarna.
Die EU-Richtlinie, die in erster Linie Transparenz fördern und EU-Bürger vor Überschuldung schützen soll, könnte jedoch weitreichende Auswirkungen auf den E-Commerce-Sektor haben. Insbesondere große Internet-Finanzdienstleister und Händler könnten stärker reguliert werden.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass es sowohl für Kunden als auch für Händler von Vorteil wäre, wenn die EU die Regelungen bezüglich des Rechnungskaufs überdenken würde. Es ist unerlässlich, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, der sowohl den Schutz der Verbraucher gewährleistet als auch die Flexibilität und Vielfalt der Zahlungsoptionen im E-Commerce beibehält.