Das Jahr 2023 ist geprägt von wirtschaftlichen Herausforderungen und Ungewissheiten. Die Weltwirtschaft und Börsenmärkte navigieren durch eine Landschaft geformt von Inflation, Konsumflauten und geopolitischen Spannungen.
Mit vergleichsweise kleinen Margen ist der Einzelhandel im Branchenvergleich folgerichtig einer der Verlierer der makroökonomischen Lage. Im Mittelstand, insbesondere im stationären Einzelhandel, gab es Insolvenzmeldungen im Wochentakt und auch an der Börse war E-Commerce weiter wenig beliebt bei Anlegern. Der Online-Handel, der während der Pandemie einen enormen Aufschwung erlebte, stand 2023 durch die ökonomische Unsicherheiten ebenfalls vor erheblichen Schwierigkeiten.
Der Global Online Retail Fonds als Gradmesser
Nach einem schweren Crash in 2022 verzeichneten im Jahr 2023 die GLORE50, ein „Index“ der Top-Player im globalen Online-Handel, ein Wachstum von nur knapp 14% (von 100,80 auf 114,43 Punkte) wie Exciting Commerce ausführlich berichtet. Trotz dieses Wachstums gelang den GLORE50 im Jahr 2023 allerdings kein echter Durchbruch. Die Bewertungen sind noch immer unter Vor-Covid-Niveau und viele Unternehmen bleiben zudem aufgrund der geringen Bewertungen potenzielle Übernahmekandidaten. Der GLORE50 basiert auf dem Global Online Retail Fonds, der seit seiner Gründung im Jahr 2015 als breit gestreuter Branchenfonds für den globalen Online-Handel und damit als eine Art Gradmesser für E-Commerce an der Börse fungiert.
Zu den Börsengewinnern des Jahres im Online-Handel gehörten vor allem Redcare/Shop Apotheke (+197%), Hepsiburada (+187%), DocMorris (+186%), Shopify (+125%) und DoorDash (+102%). Als aktuell besonderes Highlight muss die Temu-Mutter Pinduoduo (+76%) betrachtet werden, welche aktuell wertvoller als Alibaba bewertet wird. Auf der anderen Seite zählten Rent the Runway (-87%), Mytheresa (-63%), Bike24 (-60%), Prosus (-58%) und Naked Wines (-57%) zu den Verlierern.
Allgemeine Börsen-Trends 2023
Das Börsenjahr 2023 war hauptsächlich von drei Faktoren geprägt: dem Krieg in der Ukraine, dem Kampf gegen Inflation und den steigenden Zinsen.
Gesamtwirtschaftlich zeichnet Goldman Sachs für 2023 eine Rezession in Deutschland und Europa, hauptsächlich aufgrund hoher Energiepreise. Jedoch wird ein milder Abschwung erwartet, nicht zuletzt wegen der effizienten Handhabung der Energieversorgung durch die EU. Außerhalb Europas erwartet Goldman Sachs ein langsames Wachstum der Weltwirtschaft, wobei Indien mit das höchste Wachstum aufweist. JP Morgan vermittelt eine optimistischere Sichtweise, indem es darauf hinweist, dass die Inflationspanik nachlassen wird. Dies wird unter anderem durch eine weltweite Abkühlung des Immobilienmarktes, höhere Zinsen und geringere Konsumausgaben in wichtigen Branchen erwartet. Geopolitische Stabilität in Europa und eine wirtschaftliche Erholung in China werden ebenfalls zur Dämpfung der Inflation beitragen. Trotz leichter Rezessionen in Industrieländern bietet dies ein positives Umfeld für Aktien und Anleihen, wobei Schwellenländer wie Taiwan, Brasilien und Südafrika attraktive Anlageoptionen darstellen.
Morgan Stanley hebt hervor, dass sich 2023 als ein Jahr der Veränderung bei den gewinnversprechendsten Konzernen erweisen könnte. Große Tech-Unternehmen, die bisher dominierend waren, könnten aufgrund finanzieller Schwierigkeiten und stärkerer Regulierung an Boden verlieren. Stattdessen rücken Märkte wie China und andere asiatische Regionen (außer Japan) in den Fokus, sowie Schwellenländer aufgrund ihrer niedrigen Bewertungen..
Die Bank of America sieht 2023 als ein Jahr, in dem bisher vernachlässigte Anlagefelder wie Staatsanleihen attraktiv werden, insbesondere nach Überwindung der größten Rezessionssorgen. Die Bank prognostiziert auch, dass Aktien in der zweiten Jahreshälfte wieder attraktiv werden könnten, sobald Unternehmensinvestitionen zu höherem Umsatz und Gewinnen führen.
Blackrock betont, dass die Ära stabiler Märkte und Inflation nun vorbei sei. Die Zentralbanken würden bewusst Rezessionen auslösen, um die Inflation zu kontrollieren. Dies führt zu der Erwartung, dass die Zinserhöhungen 2023 schwächer ausfallen werden als im Vorjahr. Anleger sollten daher aktiver sein und ihre Portfolios häufiger anpassen, um auf Marktveränderungen zu reagieren.
HSBC hebt den Fokus auf Asien, insbesondere auf südostasiatische Märkte wie Indonesien und Thailand, hervor. Zudem betont die Bank, dass defensivere Sektoren wie Energie, Konsumgüter und Gesundheit auch in der EU und Großbritannien widerstandsfähige Investitionsmöglichkeiten bieten. Langfristige Trends wie Technologien zur Bekämpfung der Klimakrise und IT-Sicherheit werden ebenfalls als wichtig erachten.
Diese Trends im Online-Handel und an den Börsen zeigen, wie dynamisch und vielfältig die Entwicklungen im Jahr 2023 waren – sowohl in Bezug auf neue Technologien und Geschäftsmodelle als auch im Hinblick auf die makroökonomischen Bedingungen. Ohne Krieg in Europa, Inflation und Energiekrisen wäre das Jahr definitiv anders verlaufen, wenngleich eine gewisse Marktbereinigung absehbar war.