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Machtkampf in der EU-Kommission: Thierry Breton tritt zurück

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Gebäude der EU-Kommission in Brüssel
Foto: Dimitris Vetsikas / Pixabay

Zusammenfassung

Der französische EU-Kommissar Thierry Breton hat seinen sofortigen Rücktritt erklärt. In einem Brief an Ursula von der Leyen bemängelt er die Art der Regierungsführung. Breton, bekannt für seine harte Linie gegen Big Tech, wurde in den letzten Jahren eine prominente Figur in der EU-Kommission.
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Der französische EU-Kommissar für den Binnenmarkt, Thierry Breton, ist überraschend zurückgetreten. In einem auf der Plattform X veröffentlichten Brief erklärte er seinen sofortigen Rückzug, nachdem er Differenzen mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen offengelegt hatte. Der Konflikt zwischen Breton und von der Leyen eskalierte offenbar, als diese Frankreich aufforderte, Bretons Namen als Kandidaten für eine weitere Amtszeit zurückzuziehen. Angeblich bot sie Frankreich im Gegenzug einen „wichtigeren“ Zuständigkeitsbereich an.

Breton, der seit 2019 als EU-Kommissar maßgeblich an der Regulierung von Big Tech beteiligt war, äußerte in seinem Schreiben, er könne seine Aufgaben aufgrund dieser „fragwürdigen Regierungsführung“ nicht mehr ausführen. Frankreich hat inzwischen den Außenminister Stéphane Séjourné als Nachfolger nominiert, wie Le Monde berichtet.

Breton war in den letzten Jahren zu einer prominenten Figur innerhalb der EU-Kommission aufgestiegen. Als zentraler Akteur in der Regulierung großer Technologieunternehmen, darunter das Durchsetzen des Digital Services Act und des Digital Markets Act, hat er sich einen Namen gemacht. Seine Konfrontationen, insbesondere mit Elon Musk und dessen Plattform X, sorgten immer wieder für Schlagzeilen. Dabei kritisierte er offen Musks Rückzug aus dem EU-Verhaltenskodex gegen Desinformation.

Interne Spannungen in der EU-Kommission könnten zu Bretons Rücktritt beigetragen haben, wie Golem spekuliert. Seine öffentliche Auseinandersetzung mit Musk wurde von einigen Kollegen missbilligt, und sein Engagement für die Interessen Frankreichs stieß in anderen EU-Hauptstädten auf Kritik. Breton wurde vorgeworfen, die wirtschaftspolitischen Interessen seines Heimatlandes zu stark zu vertreten, obwohl die Kommissare unabhängig von nationalen Interessen agieren sollen. Zudem schien sein Streit um die Ernennung des CDU-Politikers Markus Pieper zum Mittelstandsbeauftragten der EU-Kommission die Beziehung zu von der Leyen weiter belastet zu haben.

Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst äußerte sich kritisch: „Die EU-Kommission hat unter dem für Digitalisierung zuständigen Kommissar Thierry Breton in den letzten Jahren eine beispiellose Regulierungs-Flut entfacht und der digitalen Wirtschaft in Europa ein enges Korsett angelegt. Wer auch immer die Nachfolge in diesem Amt antritt: Künftig muss es vornehmlich um die Frage gehen, wie die Bedingungen für hiesige Innovationstreiber gezielt verbessert werden können.“

Bitkom betont die Bedeutung digitaler Technologien für die Bewältigung zentraler Herausforderungen wie Energieeffizienz, Klimaschutz und Dekarbonisierung. Laut Wintergerst können digitale Innovationen entscheidend dazu beitragen, Europas Souveränität und Resilienz zu stärken. „Statt immer neuer Regulierungen braucht es in den nächsten Jahren eine pragmatische und effektive Umsetzung der vielen neuen Regelwerke,“ so Wintergerst weiter. Die EU sollte sich in den kommenden fünf Jahren darauf konzentrieren, im globalen Wettbewerb um digitale Technologien mit Vorreitern wie den USA und China auf Augenhöhe zu agieren.

Der Rücktritt Bretons wird von Bitkom als Chance gesehen, die Ausrichtung der digitalen Wirtschaftspolitik in der EU neu zu überdenken und den Fokus stärker auf die Förderung von Innovationen zu legen. Die Kommission steht nun vor einer Herausforderung, da von der Leyen ihre neue Teamzusammensetzung bald im EU-Parlament präsentieren muss. Bretons Abgang wirft ein Schlaglicht auf die internen Machtkämpfe und zeigt, wie fragil die Balance innerhalb der EU-Führung ist.

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