In einem beispiellosen Schritt hat die schwer in der Krise steckende Luxusmode-Plattform Farfetch angekündigt, bis zu 30% seiner Belegschaft zu entlassen. Dies steht in direktem Zusammenhang mit der Übernahme durch den südkoreanischen E-Commerce-Riesen Coupang und folgt unmittelbar auf eine Reihe hochkarätiger Abgänge im Management, darunter der Chief Financial Officer, der Chief Product Officer, der Chief Marketing Officer und der Chief Operations Officer. Die Ankündigung dieser radikalen Neustrukturierung erfolgt kurz nachdem José Neves, der Gründer von Farfetch, seinen Rücktritt als CEO des Unternehmens bekannt gab. Neves wird, so zumindest die ältere Mitteilung, jedoch in beratender Funktion bei Farfetch bleiben.
Der Ex-CEO gründete Farfetch im Jahr 2008 und nur sechs Jahre später avancierte das Unternehmen zu einem der wenigen Unicorns in Großbritannien mit einer Bewertung von über 1 Milliarde US-Dollar. Im Laufe der Zeit stieg der Wert von Farfetch auf 24 Milliarden US-Dollar an, doch im letzten Quartal des Jahres 2023 begann dieser Erfolg nach jahrelang massiven Verlusten sich aufzulösen. Als ein Online-Händler für Luxuswaren, der noch nie Gewinn erzielt hatte, wurde Farfetch „plötzlich“ als anfällig betrachtet. Das Endergebnis war eine vorbereitete Insolvenzverwaltung und ein Notverkauf an Coupang.
Die Entlassungen, die in einem Drapers vorliegenden internen Memo angekündigt wurden, sind Teil von Coupangs Bemühungen, das Geschäft zu straffen und auf einen soliden finanziellen Kurs zu bringen. Etwa 2.000 Mitarbeiter, insbesondere in den Bereichen Produktdesign und Farfetch Platform Solutions, sollen von dieser Maßnahme betroffen sein. Die erste Konsultationen zu den Entlassungen haben bereits in Portugal begonnen und sollen in Kürze auch in anderen Ländern, einschließlich in Großbritannien, wo die meisten Mitarbeitenden beschäftigt sind, anlaufen.
Coupangs Übernahme von Farfetch markiert einen entscheidenden Punkt in der Geschichte des Luxusmode-Einzelhändlers, der sich nun mit erheblichen internen und externen Herausforderungen konfrontiert sieht. Die Entlassungen und die Umstrukturierung des Managements sind deutliche Signale für eine Neuausrichtung, die im wesentlichen auf Kostensenkung abzielt. Nachdem zuerst der Yoox-Net-A-Porter Deal geplatzt war, haben erst vor wenigen Tagen die ersten prominenten Farfetch-Partner wie der Luxusgüter-Konzern Kering und der US Department Store Neimann Marcus ihre Verträge gekündigt.
Hierzulande bleibt vor allem abzuwarten, ob und wie die Entlassungswelle im Plattform-Geschäft die vielen auch aus Deutschland angebundenen Händler beeinflussen wird. Viele im Premium- und Luxus-Segment positionierte Boutiquen sind zum Teil enorm von Farfetch-Umsätzen abhängig.