Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP), eine der größten Auszeichnungen im Bereich der Nachhaltigkeit in Europa, wurde diese Woche zum 17. Mal verliehen. Mit eigenen Angaben nach 1.300 Bewerbungen und zahlreichen prominenten Laudatoren und Gästen soll der Preis ein „Indikator für nachhaltige Spitzenleistungen“ sein. Doch in diesem Jahr trüben nach einem Spiegel-Artikel und dem Rückzug zweier renommierter Unternehmen, Weleda und Börlind, den Glanz der Veranstaltung aus einer Handelsperspektive.
Glanz und Prominenz – Ein Fest der Nachhaltigkeit
Die Preisverleihung im Düsseldorfer Maritim Hotel bot diese Woche laut Pressemitteilung des Initiators, der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis, erneut eine Bühne für prominente Persönlichkeiten und innovative Projekte. Auszeichnungen wurden in Kategorien wie Architektur, Sport, Gesundheit und Produkte vergeben. Unter den Preisträgern fanden sich die Initiative „klimafreundlich pflegen – überall!“ des AWO Bundesverbands, das Offshore Sailing Team Malizia und der SV Werder Bremen. Persönlichkeiten wie Hape Kerkeling und die Musikerin Emeli Sandé erhielten Ehrenpreise, während Matteo Thun für seine Beiträge zur nachhaltigen Architektur ausgezeichnet wurde.
Die Veranstaltung bot am Abend unter anderem ein vegetarischen Dinner des Sternekochs Nelson Müller und musikalischen Einlagen von Tim Bendzko. Doch abseits des Glanzes der Gala mehrten sich im Laufe der Woche kritische Stimmen zur Seriosität des Preises.
Kritik von Weleda und Börlind: Transparenz und Glaubwürdigkeit fehlen
Weleda und Börlind, beide für ihre Vorreiterrolle im Bereich Nachhaltigkeit in der Kosmetikindustrie bekannt, entschieden sich öffentlich gegen die Annahme des Preises. Tina Müller, CEO von Weleda, äußerte deutliche Kritik auf LinkedIn: „Nachhaltigkeit erfordert Transparenz. Genau diese fehlt beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis.“ Weleda, die seit über 100 Jahren für nachhaltige Werte steht, bemängelte insbesondere die undurchsichtige Organisation, unklare Auswahlkriterien und die starke Kommerzialisierung des Preises.
Alicia Lindner, Co-CEO von Börlind, schloss sich diesen Vorwürfen an. Sie veröffentlichte ebenfalls auf LinkedIn ein Statement und kritisierte, dass die Entscheidungsprozesse der Jury intransparent seien und kleinere Unternehmen durch hohe Teilnahmegebühren benachteiligt würden. Lindner verwies auf frühere Fälle, in denen Finalisten trotz besserer Rankings leer ausgingen, weil die Jury eigene Entscheidungen traf, ohne diese nachvollziehbar zu begründen.
Der Vorwurf der Kommerzialisierung
Ein zentraler Kritikpunkt ist die Finanzierung des Preises. Teilnehmer zahlen nicht nur Gebühren für die Einreichung, sondern auch für die Nutzung des Siegels und Werbemöglichkeiten. Laut Tina und Müller und Alicia Lindner profitieren davon weniger die Nachhaltigkeitsinitiativen selbst, sondern vor allem der ausrichtende Verein, der sich als Stiftung bezeichnet.
Der einen Tag vor der Verleihung veröffentlichte Recherche des Spiegels und dem Online-Magazin Flip wirft dem Initiator Stefan Schulze-Hausmann vor, den Preis vor allem als Geschäftsmodell zu nutzen. Die Recherchen des Magazins sollen zeigen, dass wesentliche Teile der Preisverleihung auf Einnahmen aus der Veranstaltungsorganisation und Sponsorenbeiträge angewiesen sind. Zudem seien Partnerschaften mit Ministerien lediglich ideeller Natur und sind offenbar nicht offiziell bestätigt.
Zukunft des Nachhaltigkeitspreises
Die Debatte wirft grundlegende Fragen zur Glaubwürdigkeit und Funktion solcher Auszeichnungen auf. Weleda und Börlind fordern Reformen, um den Preis fairer und transparenter zu gestalten. Beide Unternehmen betonen, dass Wettbewerbe im Bereich Nachhaltigkeit wichtig seien, aber nur unter klar nachvollziehbaren Kriterien.
Die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis äußerte sich bislang nicht umfassend zu den Vorwürfen, kündigte jedoch an, die Kritikpunkte intern zu prüfen. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Preis nach den jüngsten Entwicklungen reformiert oder weiterhin umstritten bleibt.