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Gebäude der EU-Kommission in Brüssel
Foto: Dimitris Vetsikas / Pixabay

EU verschärft Regeln für Online-Importe: Mehr Kontrollen und Zölle geplant

Lesezeit ca. 5 Minuten

Die EU verschärft die Regeln für den Onlinehandel: Neue Zölle, verstärkte Kontrollen und Maßnahmen zur Produktsicherheit sollen den Import unsicherer oder gefälschter Waren aus Drittländern eindämmen. Die Kommission fordert zudem faire Wettbewerbsbedingungen für europäische Händler. Die Verbände begrüßen die Maßnahmen, warnen jedoch vor weiterer Bürokratie.

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Die Europäische Kommission hat neue Maßnahmen vorgestellt, um den Risiken durch den Import von Waren aus Drittländern über Online-Händler und Marktplätze entgegenzuwirken. Diese Maßnahmen sind Teil der Mitteilung „Ein umfassendes EU-Instrumentarium für einen sicheren und nachhaltigen elektronischen Geschäftsverkehr“ (offizielle Zusammenfassung als Factsheet), die eine Reihe von Reformen in den Bereichen Zoll, Verbraucherschutz und digitaler Handel umfasst.

Im Fokus stehen vor allem die massiv gestiegenen Einfuhren von Sendungen mit geringem Wert. Im vergangenen Jahr erreichten etwa 4,6 Milliarden solcher Pakete mit einem Wert von höchstens 150 Euro den EU-Markt – eine Verdopplung gegenüber 2023 und eine Verdreifachung im Vergleich zu 2022. Viele dieser Waren entsprechen nicht den EU-Vorschriften, was Sicherheitsrisiken für Verbraucher, Wettbewerbsnachteile für europäische Händler und Umweltbelastungen mit sich bringt.

Geplante Änderungen: Strengere Kontrollen und neue Zölle

Ein zentrales Element der neuen Strategie ist eine umfassende Zollreform. Die Kommission fordert die Gesetzgeber auf, das bereits vorgeschlagene Reformpaket zur Zollunion rasch zu verabschieden. Zu den Kernpunkten gehören:

  • Abschaffung der Zollbefreiung für Sendungen unter 150 Euro
  • Stärkere Kontrollen durch verbesserten Datenaustausch und Risikobewertung
  • Einführung einer Bearbeitungsgebühr für aus Drittstaaten eingeführte E-Commerce-Artikel

Die geplanten Änderungen sollen für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen und europäische Händler vor unlauteren Praktiken und gefälschten Waren schützen.

Koordinierte Maßnahmen zur Produktsicherheit

Neben den Zollreformen plant die Kommission gezielte Maßnahmen zur Überwachung importierter Waren. Dazu zählen:

  • Koordinierte Kontrollen zwischen Zoll- und Marktüberwachungsbehörden
  • Einführung des ersten Produktsicherheits-Sweeps, um unsichere Waren frühzeitig zu identifizieren
  • Verschärfte Sanktionen für systematische Verstöße gegen EU-Vorschriften

Je höher die Nichteinhaltungsquote bestimmter Händler oder Produkte ist, desto intensiver sollen die Kontrollen in den nachfolgenden Phasen werden.

Stärkere Verbraucherrechte auf Online-Marktplätzen

Auch der Schutz der Verbraucher auf Online-Plattformen wird ausgebaut. Die Kommission plant eine konsequente Durchsetzung der bereits existierenden Gesetze über digitale Dienste und digitale Märkte. Diese sollen sicherstellen, dass Händler auf Online-Marktplätzen ihre Produkte den europäischen Sicherheitsstandards entsprechend kennzeichnen und vertreiben.

Einsatz digitaler Technologien und Nachhaltigkeitsmaßnahmen

Die EU setzt verstärkt auf digitale Instrumente, um Verstöße im Onlinehandel besser zu erkennen. Dazu gehören:

  • KI-gestützte Analysetools zur Identifikation potenziell nicht konformer Produkte
  • Ein digitaler Produktpass, der die Rückverfolgbarkeit von Waren verbessern soll

Zudem sollen neue Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit ergriffen werden, darunter der erste Aktionsplan zur Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte. Gleichzeitig wird eine gezielte Änderung der Abfallrahmenrichtlinie angestrebt, um die Umweltbelastung durch den Onlinehandel zu reduzieren.

Internationale Kooperation und verstärkte Überwachung

Die Kommission betont die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit, insbesondere bei der Schulung von Handelspartnern in Drittstaaten zu den EU-Produktsicherheitsvorschriften. Zudem wird geprüft, ob es Hinweise auf Dumping oder Subventionierung durch Nicht-EU-Staaten gibt.

Besonders im Fokus steht der chinesische Fast-Fashion-Riese Shein, der bereits im April 2024 als „sehr große Online-Plattform durch die EU eingestuft wurde. Die EU hat nun eine koordinierte Untersuchung gegen das Unternehmen eingeleitet, um mögliche Verstöße gegen Verbraucherschutzrichtlinien zu überprüfen.

Reaktionen: Bundeswirtschaftsministerium hält EU-Vorstoß für richtig

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begrüßt die Mitteilung der Europäischen Kommission zum E-Commerce als wichtigen Schritt hin zu faireren Wettbewerbsbedingungen und mehr Verbraucherschutz. Besonders angesichts der massiv gestiegenen Zahl an Paketen aus Drittstaaten, die oft ungeprüft und nicht regelkonform in die EU gelangen, sei schnelles und konsequentes Handeln erforderlich.

„Unsichere Produkte schaden nicht nur den Verbraucherinnen und Verbrauchern, sondern auch den Unternehmen, die sich an die Regeln halten“, betont Habeck. Die Bundesregierung sei mit ihrem Aktionsplan E-Commerce bereits vorangegangen, viele der darin identifizierten Maßnahmen fänden sich nun auch in der EU-Strategie wieder. Jetzt komme es darauf an, diese Vorschläge schnell und wirksam umzusetzen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) werde sich aktiv in diesen Prozess einbringen.

Reaktionen: Auch Verbände begrüßen Maßnahmen – und warnen vor Bürokratie

Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht in der neuen EU-Toolbox für sicheren und nachhaltigen E-Commerce einen wichtigen Schritt hin zu faireren Wettbewerbsbedingungen im internationalen Online-Handel. Insbesondere die Beschleunigung und bessere Koordination der Zollprozesse bewertet der Verband als positiv. Ebenso unterstützt der HDE die Einführung einer Zollabfertigungsgebühr für jedes Paket, um die Kontrollen zu finanzieren, sowie die Nutzung des Import-One-Stop-Shop (IOSS) für alle Waren, unabhängig vom Warenwert.

Kritisch sieht der Verband jedoch, dass mit der geplanten Erweiterung des digitalen Produktpasses und der Entwicklung eines Kreislaufwirtschaftsgesetzes zusätzliche Bürokratie für europäische Händler geschaffen wird. „Die EU muss aufpassen, dass sie das eigentliche Ziel – fairen Wettbewerb mit Online-Plattformen aus Drittstaaten – nicht aus den Augen verliert. Zusätzliche Regulierung trifft vor allem gesetzestreue europäische Unternehmen und schwächt deren Wettbewerbsfähigkeit“, warnt Stephan Tromp, stellvertretender HDE-Hauptgeschäftsführer.

Der HDE fordert, dass die Europäische Kommission ihre angekündigte Deregulierungsagenda konsequent umsetzt. „Immer neue Vorgaben und Berichtsanforderungen gehen letztlich auf Kosten des hiesigen Einzelhandels. Das kann nicht das Ziel sein“, betont Tromp. Deshalb müsse bei jeder neuen Regulierung der Bürokratieabbau mitgedacht werden, um europäische Händler nicht zusätzlich zu belasten.

Auch der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh) begrüßt die Maßnahmen für fairen Wettbewerb und mehr Produktsicherheit. Alien Mulyk, Leiterin Public Affairs Europa & International beim bevh, fordert jedoch mehr Zielgenauigkeit in der Umsetzung. „Neue Gesetze sind nicht nötig – entscheidend ist, dass bestehende Regeln konsequent durchgesetzt werden“, betont Mulyk. Besonders wichtig sei eine klare Zuständigkeit und bessere Koordination zwischen den Mitgliedstaaten, um Verstöße von Online-Plattformen aus Drittstaaten gezielt zu ahnden.

Kritisch sieht der bevh jedoch die geplante Paketgebühr für alle E-Commerce-Sendungen aus Nicht-EU-Ländern, da sie auch rechtskonforme Händler belastet. Zudem müsse die EU genau festlegen, welche Plattformen als „Deemed Importers“ gelten und damit auch Verantwortung für importierte Produkte übernehmen. Hier fordert der bevh eine faire und diskriminierungsfreie Regelung.

Auch der Digitalverband Bitkom unterstützt die vorgeschlagenen Maßnahmen, warnt aber ebenfalls vor unnötiger zusätzlicher Regulierung. „Bevor neue Gesetze geschaffen werden, müssen bestehende Vorschriften konsequent umgesetzt und durchgesetzt werden – und das ohne übermäßige Bürokratie“, betont Dr. Bernhard Rohleder, Bitkom-Hauptgeschäftsführer. Neue Regelungen ohne vorherige Evaluierung der aktuellen Gesetze könnten die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Online-Marktplätze schwächen, ohne den Verbraucherschutz spürbar zu verbessern.

Nächste Schritte: Bewertung der Maßnahmen nach einem Jahr

Die EU-Kommission wird die Auswirkungen der neuen Maßnahmen innerhalb eines Jahres bewerten und einen Bericht über die Ergebnisse der verstärkten Kontrollen veröffentlichen. Sollten sich die bestehenden Regelungen als unzureichend erweisen, könnten weitere Vorschläge zur Verschärfung der Durchsetzungsmechanismen folgen.

Mit diesen Maßnahmen will die EU sicherstellen, dass Verbraucher hochwertige und sichere Produkte online kaufen können, während europäische Händler vor unfairer Konkurrenz durch nicht konforme Importe geschützt werden.

Mehr zu diesen Themen gibt es hier: China, E-Commerce, Europa, Logistik, Marktplätze, Politik

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