Das Software-Start-up Enfore, gegründet von Seriengründer Marco Börries, hat letzte Woche einen Insolvenzantrag gestellt. Dies berichtet zuerst die Wirtschaftswoche. Enfore, das unter dem Namen NumberFour AG firmiert, hat sich zum Ziel gemacht, durch eine Kombination aus Hardware und Software, Unternehmen und Händler zu digitalisieren. Bereits im Juli meldete Manager Magazin, dass offenbar monatelang Mitarbeiter nicht bezahlt wurden. Der einstige Hoffnungsträger für den deutschen Retail-Tech-Sektor steht nun womöglich vor dem Aus.
Enfore bietet eine digitale Plattform an, die auf die Bedürfnisse von kleinen Unternehmen ausgerichtet ist. Das Hauptprodukt, enforePOS, kombiniert Hardware und Software, um Geschäftsprozesse wie Zahlungen, Bestellwesen, Produktion und Kundenkommunikation zu optimieren. Die Plattform ermöglicht es, sowohl stationäre als auch Online-Verkäufe nahtlos zu integrieren. Zusätzlich bietet Enfore maßgeschneiderte Kassenlösungen, die verschiedene Geschäftstypen wie Einzelhandel, Gastronomie und Servicebetriebe unterstützen.
Marco Börries mischte schon früh in der Tech-Welt des Silicon Valley mit – und das auf höchster Ebene. Mit seiner Software „Star Office“ stellte er sich sogar dem Branchenriesen Microsoft entgegen und verkaufte das Unternehmen später an Sun Microsystems. Ein weiteres seiner Start-ups wurde von Yahoo übernommen. Als Yahoo-Manager verhandelte er persönlich mit Steve Jobs über Technologien, die sein Team für das erste iPhone entwickelt hatte. Sein viertes Unternehmen, die NumberFour AG, später als Enfore bekannt, wurde in Berlin gegründet.
Börries hatte Enfore 2017 mit großen Visionen gestartet: Eine offene Plattform, die es kleineren Betrieben ermöglichen sollte, mit großen Playern zu konkurrieren, lockte prominente Investoren an. Zu den Geldgebern zählten unter anderem Jerry Yang, der ehemalige Yahoo-Chef, Andreas von Bechtolsheim, Mitgründer von Sun Microsystems und der Xing-Gründer Lars Hinrichs. Insgesamt flossen rund 40 Millionen Euro Risikokapital in das Unternehmen. Der ambitionierte Plan, ein „zweites SAP“ zu schaffen, wie es Investor Lars Hinrichs einst formulierte, ist nun gescheitert.
Bereits Anfang 2024 traten erste Probleme auf, als Mitarbeiter wochenlang auf ihre Gehälter warteten. Börries vertröstete seine Belegschaft, indem er auf geplante Finanzierungsrunden verwies. Es folgten Entlassungen, und einige Mitarbeiter wurden schließlich über andere Firmen aus dem Börries-Kosmos bezahlt. Zu den genauen Ursachen der finanziellen Schieflage äußerte sich Börries nicht direkt. Er verwies jedoch auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die den Business-Plan von Enfore um drei Jahre verzögert hätten.
Mit dem Insolvenzantrag wurde der Rechtsanwalt Björn Gehde als Insolvenzverwalter eingesetzt. Dieser wird nun versuchen, potenzielle Investoren zu finden, um das Unternehmen möglicherweise zu retten. Für Börries und Enfore steht eine unsichere Zukunft bevor, denn die aktuelle Lage auf dem Markt für Übernahmen gestaltet dies schwierig.