ANZEIGE

ANZEIGE

Nach massiven Kundenbeschwerden: Def Shop rutscht in die Insolvenz

Startseite des DEFSHOP Onlineshop
Foto: def-shop.com / Screenshot

Key takeaways

Nach monatelangen Beschwerden zu fehlenden Rückzahlungen und ausbleibenden Lieferungen steht fest: Def Shop, einst Ikone der Streetwear-Szene, ist insolvent. Die Gründe seien massive Liquiditätsprobleme und gravierende Managementfehler.

Lesezeit ca. 3 Minuten

Def Shop galt einst als Aushängeschild für urbane Mode im Netz. Nachdem sich über einen langen Zeitraum Kundenbeschwerden intensiviert haben, ordnete das Amtsgericht Darmstadt nun die vorläufige Insolvenzverwaltung über die Def Shop GmbH an. Dies berichtet zuerst das Berliner Verbraucherschutzforum.

Die Geschäftsführung, vertreten durch Benjamin Koller, steht nun unter der Aufsicht von Dr. Jan Markus Plathner, Insolvenzverwalter der Kanzlei Brinkmann & Partner. Zahlungen an das Unternehmen sind untersagt, Geschäftsvorgänge unterliegen der Zustimmung des Verwalters. Für Mitarbeitende, Kunden und Partner beginnt eine Zeit der Ungewissheit – ein Tiefpunkt für ein einst gefeiertes Vorzeigeunternehmen des E-Commerce.

Vom Startup zur Urban-Fashion-Größe

2006 gründete Alexander Büchler Def Shop in Berlin. Der Online-Shop für Hip-Hop- und Streetwear-Mode traf den Nerv einer jungen, stilbewussten Zielgruppe. Rasch wuchs das Unternehmen auf ein Sortiment mit über 25.000 Artikeln von mehr als 350 Marken. Neben dem Online-Handel entstanden 2008 auch physische Filialen in Berlin, die als Begegnungsorte für die Community dienten. 2010 folgte die Einführung der B2B-Plattform Roadmap1, über die Eigenmarken wie DNGRS oder Bangastic an große Plattformen wie Amazon und Rakuten vermarktet wurden.

2015 zählte Def Shop über 900.000 Kunden in Europa. Das Team wuchs auf 180 Personen, der Umsatz stieg von 30 Millionen Euro auf rund 64 Millionen Euro im Jahr 2017. Strategische Zusammenschlüsse mit Schwesterunternehmen wie der DefMedia GmbH und der Def Shop Primus GmbH stärkten die Strukturen. Die Marke wurde mehr als ein Händler – sie wurde zum urbanen Lebensgefühl.

Anzeige

Gewinnen in der Plattform-Ökonomie

von Alexander Graf – der Leitfaden für Handelsentscheider
★★★★☆ 4,4 / 5 Sterne
Jetzt bei Amazon entdecken

Wachstum durch Investoren und B2B

Ein bedeutender Einschnitt erfolgte 2017 mit dem Einstieg des Private-Equity-Investors Equistone Partners Europe, der sich die Mehrheit sicherte. Büchler blieb zunächst an Bord. Equistone forcierte die Internationalisierung, Roadmap1 wurde zum zentralen Wachstumstreiber. Technologische Neuerungen, ein Relaunch der Plattform, sowie nachhaltige Kollektionen unter Eigenmarken kennzeichneten die Folgejahre.

Unter der Leitung von Dr. Franco Lucà und später Benjamin Koller wurde der Firmensitz verlagert, vermutlich zur engeren Verzahnung mit Logistikpartnern. Bis 2023 verzeichnete Def Shop konstantes Wachstum, getrieben durch Social-Media-Marketing und Influencer-Kooperationen.

Die Wende: Beschwerden und Vertrauensverlust

Ab Ende 2024 verdichteten sich die Hinweise auf operative Probleme. Kunden beschwerten sich zunehmend über ausbleibende Rückzahlungen nach Retouren. Zwischen Januar und Juli 2025 registrierten Verbraucherzentralen mehr als 700 Beschwerden – mit einem sprunghaften Anstieg im Sommer. Meist ging es um bestätigte Rücksendungen, denen keine Rückerstattung folgte. Stattdessen erhielten Kunden automatisierte Nachrichten und trafen auf einen kaum erreichbaren Kundenservice.

Zudem explodierte die Zahl der negativen Bewertungen auf Plattformen wie Trustpilot, wo das Unternehmen mit aktuell 1,7 von 5 Sternen katastrophal bewertet wird. Dort war von „Betrug“ die Rede, von unbezahlten Rechnungen bei Klarna und Spekulationen über eine drohende Insolvenz. Bereits im April 2025 wurde ein erstes Insolvenzverfahren beim Amtsgericht Betzdorf eingeleitet – ein Vorzeichen der aktuellen Eskalation. Der Verbraucherzentrale Bundesverband reichte Klagen ein, darunter eine Sammelklage beim Bundesamt für Justiz. Doch ob Kunden jemals ihr Geld sehen, bleibt offen.

Ursachen: Logistik, Wettbewerb und Managementfehler

Die Insolvenz deutet auf tiefere strukturelle Probleme hin: gestiegene Kosten in der Logistik, Margendruck durch internationale Wettbewerber wie Zalando sowie Versäumnisse bei der digitalen Weiterentwicklung. Auch wenn der Umsatz 2022 erneut bei 30 Millionen Euro lag, war dies ein Rückgang gegenüber der Glanzzeit. Reddit-Diskussionen thematisieren sogar eine mögliche Insolvenzverschleppung.

Als Equistone 2023 seine Anteile an die Negotiari AG veräußerte, verlor das Unternehmen offenbar auch an Innovationskraft. Kundenservice und technologische Modernisierung blieben auf der Strecke. Die einstige Vorreiterrolle in der Streetwear-Branche verpuffte.

Insolvenz als Neustart oder letzter Akt?

Mit der gerichtlichen Anordnung vom 7. Oktober beginnt nun die Phase der Sanierungsprüfung. Dr. Plathner stabilisiert den Geschäftsbetrieb und sichert die vorhandenen Vermögenswerte. Ziel ist ein Regelinsolvenzverfahren, das eine Fortführung nicht ausschließt. Doch ob Investoren gefunden werden und ob Kunden das Vertrauen zurückgewinnen, bleibt unklar.

Für die Fashion-Branche ist der Fall erneut ein Weckruf: Schnelles Wachstum ersetzt keine solide Geschäftsführung. Die Fallhöhe von Def Shop ist ein mahnendes Beispiel dafür, wie selbst erfolgreiche Marken ohne nachhaltige Strukturen scheitern können.

Ähnliche Artikel

Must-read

ANZEIGE
JANGER E-Commerce
Wer als Shop-Betreiber, E-Commerce Manager oder Gründer einer E-Commerce-Marke erfolgreich werden möchte, muss drei grundsätzliche Faktoren, Verkaufspsychologie, Außendarstellung und Design sowie Nutzererlebnis, verinnerlichen.

Top-News

Sponsored

Sponsored