Deutschland will mit dem schuldenfinanzierten Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ gezielt Zukunftsprojekte fördern. Doch laut einer Umfrage des ifo Instituts unter 179 VWL-Professoren wird nur ein Teil der Mittel wirklich zusätzlich investiert. Im Durchschnitt gehen die Befragten davon aus, dass lediglich 47 Prozent der Gelder in neue Investitionen fließen. Ein Viertel rechnet sogar mit unter 20 Prozent.
Zweifel an echter Zusätzlichkeit der Investitionen
Kritisch wird gesehen, dass bereits geplante Ausgaben aus dem Bundeshaushalt nun aus dem Sondervermögen bestritten werden. Besonders für die Bundesländer fehlt eine Zusätzlichkeitsklausel. Zwar argumentieren einige, dass Investitionen auch dann als zusätzlich gelten könnten, wenn sie durch das Sondervermögen früher möglich werden – die Mehrheit teilt diese Auffassung jedoch nicht.
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Verkehrs- und Energienetze als Investitionsfavoriten
In der Rangfolge der Investitionsziele stehen Verkehrsinfrastruktur (151 Nennungen) und Energieinfrastruktur (131 Nennungen) klar an der Spitze. Auch Digitalisierung sowie Bildungs- und Wissenschaftsinfrastruktur genießen hohe Priorität. Dagegen schneiden etwa Kultur- oder Sportstätten deutlich schwächer ab.
Positive Effekte auf Privatwirtschaft erwartet
Mehr als 60 Prozent der Befragten sehen in den öffentlichen Investitionen einen Anreiz für private Investitionen. Insbesondere durch bessere Rahmenbedingungen und langfristige Planungssicherheit könne etwa der Bausektor profitieren. Kritische Stimmen sehen hingegen das Risiko steigender Zinsen, die private Investitionen erschweren könnten.
Uneinigkeit über künftige Entwicklung der Infrastruktur
46 Prozent der Ökonomen erwarten eine tendenziell bessere Infrastruktur in zehn Jahren, vor allem aufgrund gestiegener Investitionssummen. Ein knappes Viertel rechnet hingegen mit keiner Veränderung, 23 Prozent befürchten eine Verschlechterung. Als Ursachen werden langsame Verwaltungsprozesse, fehlende Mittel und Investitionsverdrängung aus dem regulären Haushalt genannt.
Reform der Schuldenbremse: Investitionen ja, Konsum nein
Die Mehrheit spricht sich für eine strikte, aber flexible Schuldenregel aus, die kreditfinanzierte Ausgaben ausschließlich für Investitionen erlaubt. Staatsschulden sollen demnach künftigen Generationen nutzen, nicht schaden. Gleichzeitig wird eingeräumt, dass die Abgrenzung zwischen Konsum und Investition oft unscharf sei.
Einige Ökonomen fordern mehr Flexibilität für Ausnahmesituationen. Zusätzlich betonen viele die Notwendigkeit, neue Ausgaben in Bereichen wie Verteidigung durch Einsparungen an anderer Stelle zu kompensieren.
EU-Fiskalregeln zunehmend unter Druck
Eine Mehrheit von 58 Prozent hält die Einhaltung der EU-Fiskalregeln künftig für unwahrscheinlich. Begründet wird dies mit dem schwindenden Einfluss dieser Vorgaben sowie der hohen Kreditaufnahme außerhalb der Schuldenbremse.


