Laut einer aktuellen Umfrage von Omnisend planen fast 30 Prozent der Konsumenten, ihren Einkauf bei den chinesischen Online-Plattformen Shein, Temu und AliExpress ganz einzustellen oder deutlich zu reduzieren – vorausgesetzt, die Preise steigen. Doch bereits jetzt zeigt sich ein klarer Rückgang in der Nutzung: Zwischen 2024 und 2025 ist die tägliche Shopping-Aktivität bei Temu um 17 Prozent gesunken, bei Shein um 41 Prozent und bei AliExpress um 38 Prozent.
Omnisend stützt sich laut Fashion Dive bei den Zahlen auf zwei repräsentative Umfragen, die im April 2024 und im Februar 2025 durchgeführt wurden. Die Befragungen zeigen, dass der Anteil wöchentlicher Shein-Käufer im Jahresvergleich um 8 Prozent gesunken ist. Die Zahl der monatlichen Nutzer ging um 11 Prozent zurück. Bei AliExpress sank der Anteil der wöchentlichen Käufer um 4 Prozent, die monatliche Nutzung sogar um 19 Prozent. Bei Temu liegt der Rückgang bei wöchentlichen Nutzern bei 19 Prozent, bei monatlicher Nutzung bei 18 Prozent.
Zölle und Vertrauen untergraben das Geschäftsmodell
Ursprünglich war eine Abgabe von 30 Prozent des Warenwerts oder 25 US-Dollar pro Artikel vorgesehen (steigend auf 50 US-Dollar ab Juni 2025). Doch die Regierung hat diese Sätze am 8. April verdreifacht: Künftig fallen 90 Prozent des Warenwerts oder 75 US-Dollar pro Artikel an – ab dem 1. Juni sogar 150 US-Dollar. Die Maßnahme gilt für alle China-Sendungen außerhalb des internationalen Postsystems.
Die Begründung: China habe als Reaktion auf frühere US-Zölle seinerseits Strafabgaben eingeführt. Washington wertet die eigenen Schritte daher als Gegenzug und Schutzmaßnahme für die heimische Wirtschaft.
Ein zusätzlicher Risikofaktor für die Plattformen ist die bevorstehende Abschaffung der sogenannten de minimis-Regel durch US-Präsident Donald Trump. Diese Ausnahme ermöglicht es, Waren im geringen Wert zollfrei aus China und Hongkong zu importieren – eine zentrale Grundlage des Geschäftsmodells von Temu und Co. Die erwarteten neuen Zölle könnten die ohnehin schwindende Preisdifferenz zu westlichen Anbietern weiter schmälern: Ab dem 2. Mai 2025 sollen für Pakete aus China unterhalb der Wertgrenze von 800 US-Dollar deutlich höhere Einfuhrabgaben.
Amazon bleibt Vertrauenssieger – und spürt auch die Folgen
Ein besonders deutliches Zeichen für die angeschlagene Position der China-Plattformen liefert ein weiterer Teil der Umfrage: 88 Prozent der Befragten gaben an, Amazon mehr zu vertrauen als Temu. Nur knapp 5 Prozent sagten, sie hätten mehr Vertrauen in Temu, rund 8 Prozent vertrauen keiner der beiden Plattformen.
Bereits im vergangenen Jahr hatte Omnisend eine Studie zur Vertrauensfrage veröffentlicht. Damals zeigten sich viele Konsumenten skeptisch gegenüber Temu – kauften dort aber dennoch ein. Nun scheint selbst diese pragmatische Nutzungshaltung zu bröckeln.
Doch mit den neuen Importzölle auf nahezu alle Waren aus China verschärft sich auch die Situation für Händler auf Amazon. Wie CBNC unter Berufung auf Wedbush Securities berichtet, stammen bis zu 70 Prozent der auf Amazon gehandelten Produkte aus China. Die neuen Strafzölle in Höhe von 145 Prozent treffen daher insbesondere US-basierte Verkäufer, die ihre Produkte in China fertigen lassen, aber auch Amazon selbst.
Amazon-CEO Andy Jassy erklärte gegenüber CNBC, dass man versucht habe, durch frühzeitige Lagerbestände und neue Einkaufsbedingungen gegenzusteuern. Dennoch werde der größte Teil der Kosten wohl an die Kunden weitergegeben.
Strategiewechsel bei den Plattformen?
Die betroffenen Unternehmen haben bereits auf die angekündigten Änderungen reagiert. Berichten nach haben sowohl Shein als auch Temu begonnen, Teile ihres Sortiments außerhalb Chinas zu sourcen. Außerdem investieren beide weiter in eigene Lagerhäuser innerhalb der USA. Diese Maßnahmen könnten helfen, zukünftige Zollbelastungen zu umgehen und Lieferzeiten zu verkürzen.
Allerdings ist unklar, in welchem Umfang diese Maßnahmen die zusätzlichen Kosten auffangen können. Für die US-Kunden dürften sich Bestellungen bei Temu und Shein künftig weniger günstig und bequem gestalten als bisher – was langfristig auch Auswirkungen auf die Marktanteile der Plattformen haben könnte.