Die Zahl der überschuldeten Bürger in Deutschland hat im Jahr 2024 einen neuen Tiefstand erreicht. Laut dem aktuellen SchuldnerAtlas der Wirtschaftsauskunftei Creditreform gelten 5,56 Millionen Menschen als überschuldet – 94.000 weniger als im Vorjahr. Die Überschuldungsquote, die den Anteil überschuldeter Erwachsener in Deutschland misst, fiel leicht auf 8,09 Prozent.
Deutsche Verbraucher sparen aus Angst
Die Rückgänge sind jedoch nicht Ausdruck einer verbesserten Wirtschaftslage. Vielmehr bestimmen Unsicherheit und Zurückhaltung das Konsumverhalten der Deutschen. „Die Verbraucher halten ihr Geld zusammen, weil sie Angst vor der Zukunft haben“, erklärt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. Neben wirtschaftlicher Stagnation belasten geopolitische Krisen wie der Ukraine-Konflikt und Unsicherheiten nach den US-Wahlen die Stimmung.
Bereits seit Beginn der Corona-Pandemie 2020 ist ein deutlicher Rückgang der Überschuldungsfälle zu beobachten, unterstützt durch staatliche Hilfsmaßnahmen und eine wachsende Sparneigung. Auch 2024 ist der Konsum weiter zurückgegangen, was nicht nur Privathaushalte, sondern auch Unternehmen betrifft. „Viele Unternehmen investieren kaum noch, da sie ähnliche Unsicherheiten spüren wie die Verbraucher“, so Hantzsch.
Wer besonders betroffen ist
Innerhalb der Gruppe der Überschuldeten gibt es differenzierte Entwicklungen. Laut Michael Goy-Yun, Geschäftsführer von Creditreform Boniversum, geraten vor allem Geringverdiener weiterhin in die Überschuldungsspirale. Der Grund: hohe Energie- und Lebensmittelpreise, die einen großen Anteil ihres Einkommens aufzehren.
Zudem steigt die Überschuldung unter jungen, konsumorientierten Menschen, was mit der verstärkten Nutzung von Ratenkrediten und „Buy now, pay later“-Angeboten zusammenhängt. Alleinerziehende Frauen sind weiterhin überdurchschnittlich häufig betroffen, während Männer in allen Altersgruppen häufiger überschuldet sind. Die Altersgruppen unter 30 Jahren sowie über 70 Jahren zeigen 2024 ebenfalls leichte Zuwächse in der Überschuldungsquote.
Drohender Arbeitsplatzabbau
Besorgniserregend ist zudem der Druck auf den Arbeitsmarkt. Der bisher robuste Arbeitsmarkt könnte 2024 und 2025 stärker von den wirtschaftlichen Belastungen betroffen sein. „Gut bezahlte Stellen in der Industrie stehen zunehmend auf dem Spiel“, warnt Hantzsch und verweist auf Entwicklungen bei Konzernen wie VW und Bayer.
Regionale Unterschiede
Ein positiver Trend zeigt sich regional: Sowohl in Ost- als auch Westdeutschland sind die Überschuldungsquoten gesunken. Besonders das Ruhrgebiet bleibt jedoch ein Sorgenkind, wo Überschuldung nach wie vor deutlich über dem Durchschnitt liegt.
Die Ergebnisse des SchuldnerAtlas 2024 zeigen damit ein differenziertes Bild: Während die Gesamtlage durch Konsumzurückhaltung stabilisiert wird, spitzen sich Probleme in einzelnen Gruppen und Regionen zu.
