Der Augenoptik-Riese Essilor Luxottica, der zuletzt ein Rekordquartal erzielt hatte, strebt laut aktuellen Medienberichten eine Minderheitsbeteiligung von 5 bis 10 Prozent an dem Armani-Konzern Giorgio Armani S.p.A. an. Das Vorhaben, über das die italienische Il Sole 24 ORE berichtet, ist bemerkenswert, weil es ausdrücklich keinen Einfluss auf das operative Geschäft des Modehauses vorsieht – ein eher seltener Zug im stark konsolidierten Luxusmarkt.
Nachfolge geregelt – Armani-Stiftung wahrt Kontrolle
Mit dem Tod von Giorgio Armani im September 2025 ist eine entscheidende Phase für das italienische Modehaus angebrochen. Das Testament des Firmengründers sieht vor, dass innerhalb von 18 Monaten etwa 15 Prozent der Unternehmensanteile an ausgewählte Investoren verkauft werden können – darunter LVMH, L’Oréal und EssilorLuxottica. Perspektivisch könnten bis zu 54,9 Prozent veräußert oder das Unternehmen an die Börse gebracht werden. Gleichzeitig wurde mit der „Fondazione Giorgio Armani“ eine Stiftung als Kontrollinstanz eingesetzt, die sicherstellen soll, dass auch bei Kapitalzuflüssen die Unabhängigkeit der Marke bewahrt bleibt.
Diese Stiftung behält unter anderem Vetorechte bei Satzungsänderungen oder Übernahmen. Damit wird vermieden, dass Investoren wie EssilorLuxottica weitreichenden Einfluss auf die strategische Ausrichtung gewinnen – ein ungewöhnlicher, aber bewusster Schritt zur langfristigen Sicherung der Markenidentität.
Gewinnen in der Plattform-Ökonomie
Historische Verbindung und strategische Vorteile
EssilorLuxottica ist nicht nur Marktführer bei Brillenmarken wie Ray-Ban und offizieller Partner von Meta für die KI-Brillen, sondern pflegt seit Jahrzehnten eine enge Beziehung zu Giorgio Armani: Bereits in den 1980er-Jahren wurde ein Lizenzvertrag zwischen beiden Unternehmen geschlossen. Eine Beteiligung würde also auf einer gewachsenen Partnerschaft aufbauen.
Strategisch bietet die Allianz beiden Seiten Vorteile: Armani könnte von den Produktions- und Distributionskapazitäten von EssilorLuxottica profitieren, ohne seine kreative Autonomie aufzugeben. Für EssilorLuxottica wiederum erschließt sich ein tieferer Zugang zur Luxusmodewelt jenseits optischer Produkte. Dennoch betont der Konzern, keine aktive Rolle im Management anzustreben – ein Zeichen für Zurückhaltung und Respekt gegenüber der Markenführung von Armani.
Auch wirtschaftlich ist die Beteiligung nicht trivial: Je nach Unternehmensbewertung (geschätzt auf 5 bis 12 Milliarden Euro) könnte selbst ein Anteil von 10 Prozent Investitionen im oberen dreistelligen Millionenbereich bedeuten. Das zeigt den finanziellen wie symbolischen Stellenwert der geplanten Beteiligung.
Ausblick: Wachstumschance ohne Kontrollverlust?
Die Strategie von Armani signalisiert einen dritten Weg zwischen Familienunternehmen und Konzernintegration: Kapitalpartnerschaften mit klaren Governance-Strukturen, bei denen Investoren Know-how und Netzwerke einbringen, ohne Kontrolle zu übernehmen. Ob sich dieses Modell im harten Wettbewerb der Luxusbranche durchsetzen kann, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.
Die mögliche schrittweise Beteiligung von EssilorLuxottica – mit Option auf Erweiterung – könnte jedenfalls zum Modellfall für andere Luxusmarken werden, die nach einem Weg suchen, Kapital zu mobilisieren und gleichzeitig ihre Identität zu bewahren.



