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Wegweisendes Urteil: BGH stärkt EU-Versandapotheken bei Rezept-Boni

Pillendose mit Medikamenten
Foto: Karolina Kaboompics / Pexels

Key takeaways

Der BGH hat entschieden, dass die deutsche Arzneimittelpreisbindung nicht für EU-Versandapotheken gilt. Der klagende Apothekerverband konnte keine Gefährdung der Arzneimittelversorgung nachweisen – der Wettbewerb im europäischen Gesundheitsmarkt bleibt offen.

Lesezeit ca. 2 Minuten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass die frühere deutsche Regelung zur Preisbindung verschreibungspflichtiger Arzneimittel (§ 78 AMG a.F.) auf Versandapotheken mit Sitz in anderen EU-Staaten nicht anwendbar ist. Das Urteil betrifft ein Bonusmodell der in der Niederlande ansässigen Online-Apotheke Redcare Pharmacy, die deutschen Patienten bei der Einlösung von Rezepten Geldprämien gewährte. Ein bayerischer Apothekerverband hatte dagegen geklagt.

Das jüngste Urteil bedeutet einen wichtigen Schritt hin zu mehr Wettbewerb im europäischen Arzneimittelmarkt. Es stärkt die Position von Versandapotheken und räumt deutschen Patienten Wahlfreiheit ein.

Hintergrund des Falls

Redcare hatte im Zeitraum 2012 bis 2013 rezeptpflichtige Medikamente an deutsche Patienten verschickt und dabei bis zu 9 Euro Bonus pro Rezept in Aussicht gestellt. Diese Boni wurden entweder direkt mit dem Rechnungsbetrag verrechnet oder im Austausch gegen die Teilnahme an einem Arzneimittel-Check gewährt. Der klagende Verband sah darin einen Verstoß gegen die Preisbindungsvorschriften und forderte Unterlassung sowie Abmahnkosten.

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Argumentation des BGH

Obwohl die gewährten Boni formal gegen die deutschen Preisvorgaben nach § 78 AMG a.F. und der Arzneimittelpreisverordnung verstießen, sah der BGH darin keinen wettbewerbswidrigen Verstoß nach § 3a UWG. Entscheidend sei, dass diese Vorschriften europarechtswidrig seien, wenn sie auf Apotheken im EU-Ausland angewendet würden. Die Maßnahme stelle laut EuGH-Urteil von 2016 („Deutsche Parkinson Vereinigung“) eine unzulässige Einschränkung des freien Warenverkehrs gemäß Art. 34 AEUV dar. Eine Rechtfertigung über Art. 36 AEUV sei nur mit belastbaren Daten möglich – solche habe der Kläger nicht vorgelegt.

Keine Gefährdung der Arzneimittelversorgung

Weder empirische Belege noch Gutachten oder Studien belegten eine konkrete Gefährdung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung ohne Preisbindung. Auch die Bundesregierung konnte laut dem Urteil keine entsprechenden Daten vorweisen. Damit fehlte es an einer tragfähigen Grundlage, um die Bonuspraxis der niederländischen Apotheke als unlauteren Wettbewerb zu verbieten.

Bedeutung für Patienten und Markt

Der CEO von Redcare Pharmacy, Olaf Heinrich, begrüßte die Entscheidung als „rechtliche Klarstellung“ zugunsten moderner, digitaler Versorgungsmodelle. Die Entscheidung des BGH fördert zudem die Verfügbarkeit günstiger Medikamente auch in ländlichen Regionen.

Auch der Wettbewerber Docmorris will Kunden wieder einen Rezept-Bonus gewähren. „Das heutige Urteil des BGH unterstreicht unsere Rechtsauffassung einmal mehr“, so Walter Hess, CEO DocMorris, in einer Pressemitteilung. „Wir haben unseren Kunden stets Rezept-Boni zu unseren Lasten gewährt und werden dies nun auch wieder tun.“

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