Mehr als 700 Millionen Menschen nutzen ChatGPT wöchentlich – oft auf der Suche nach Produkten oder Empfehlungen. Nach handfesten Gerüchten im Juli geht OpenAI nun den langerwarteten Schritt: Mit „Instant Checkout“ können Nutzer in den USA direkt in der Chat-Oberfläche einkaufen. Den Anfang machen Produkte von Etsy-Verkäufern, bald folgen Shopify-Händler.
Das neue Feature basiert auf dem offenen Agentic Commerce Protocol, das gemeinsam mit Stripe entwickelt wurde. Dieses Protokoll bildet das technische Rückgrat für Käufe, bei denen KI-Agenten, Händler und Käufer reibungslos zusammenarbeiten. OpenAI stellt die Technologie und Dokumentation frei zur Verfügung, um auch anderen Entwicklern und Händlern eine Integration zu ermöglichen.
Direkter Kauf im Chat
Sobald ein Nutzer beispielsweise nach „Laufschuhen unter 100 Euro“ oder „Geschenken für Keramikfans“ fragt, schlägt ChatGPT relevante Produkte vor. Diese Empfehlungen sind unbezahlt, rein auf Relevanz basierend und unabhängig davon, ob Instant Checkout aktiviert ist. Wenn verfügbar, erscheint eine „Kaufen“-Schaltfläche – ein Klick darauf genügt, um mit bereits hinterlegten Zahlungsdaten zu bestellen. Dabei bleibt die Nutzererfahrung durchgehend in der ChatGPT-Oberfläche.
Zahlung, Versand und Kundenservice werden weiterhin vollständig vom Händler abgewickelt. ChatGPT übermittelt lediglich die nötigen Informationen – ähnlich wie ein digitaler Einkaufsberater.
Gewinnen in der Plattform-Ökonomie
Händler behalten Kontrolle
Ein zentrales Versprechen der neuen Lösung ist, dass Händler volle Kontrolle über Zahlungen, Kundenbeziehungen und Fulfillment behalten. Die Bezahlung erfolgt über bestehende Systeme – bei Stripe sogar mit nur einer Codezeile. Wer andere Zahlungsdienstleister nutzt, kann das Protokoll dennoch einsetzen, etwa über das „Shared Payment Token API“ von Stripe oder die Delegated-Payments-Spezifikation.
Für die Nutzung zahlen Händler eine geringe Gebühr pro abgeschlossenem Kauf. Für Nutzer ist das System kostenlos und hat keinen Einfluss auf die Produktauswahl oder Preisgestaltung.
Vertrauen als Grundlage
Laut OpenAI wurde das System auf Vertrauen ausgelegt. Jeder Schritt – vom Kauf bis zur Bezahlung – erfordert aktive Zustimmung des Nutzers. Daten werden nur minimal und ausschließlich zur Bestellabwicklung weitergegeben, zudem verschlüsselt und gezielt autorisiert. Mit diesem Ansatz will OpenAI den Grundstein für eine neue Form des E-Commerce legen: Agentic Commerce, bei dem KI nicht nur berät, sondern auch Einkäufe begleitet – sicher, transparent und in Echtzeit.
Etsy stärkt seine Rolle im KI-Handel
Etsy versteht sich als Marktplatz für über 5 Millionen kreative Unternehmer – und sieht sich in der Verantwortung, trotz KI-Innovation das Menschliche im Onlinehandel zu bewahren. Durch die Integration in ChatGPT will Etsy Barrieren abbauen und Nutzer dort abholen, wo sie sich gerade befinden. Schon heute können Käufer direkt im Chat nach einzigartigen, handgemachten Produkten suchen, stöbern und bezahlen – ohne die Oberfläche zu verlassen. Die Vision dahinter: Der „Schatz“ an besonderen Etsy-Produkten soll für ein breiteres Publikum sichtbar werden.
Diese Integration baut laut Etsy auf weiteren KI-Projekten auf, die daas Unternehmen im Laufe des Jahres 2025 umgesetzt hat – etwa die Zusammenarbeit mit führenden Tech-Partnern für KI-gestützte Produktsuche. Ziel ist es, menschliche Verbindungen zu stärken und das Wachstum der Verkäufer zu fördern – auch über Plattformen hinaus, auf denen Käufer ursprünglich gar nicht nach Etsy-Produkten suchen würden.
Stripe als technischer Rückhalt
Stripe liefert nicht nur den Zahlungsprozess für Instant Checkout, sondern hat gemeinsam mit OpenAI das Agentic Commerce Protocol maßgeblich mitentwickelt. Im Zentrum steht das sogenannte „Shared Payment Token“ (SPT), ein neues Zahlungsformat, das Transaktionen ermöglicht, ohne dass ChatGPT auf die Zahlungsdaten der Nutzer zugreifen muss. Diese Tokens sind laut Stripe für jeden Händler und Warenkorb eindeutig und werden per API an den Händler übermittelt, der die Zahlung anschließend wie gewohnt autorisieren und abwickeln kann.
Die zugrunde liegende Infrastruktur erlaubt es, Zahlungen mit gängigen Methoden wie Apple Pay, Google Pay oder Kreditkarte abzuwickeln – vollständig integriert in die Chat-Oberfläche. Stripe stellt zudem Schutzmechanismen wie Risikoanalysen zur Betrugsvermeidung bereit, die bereits bei anderen Stripe-Produkten im Einsatz sind.
Neue Standards für KI-Handel
Mit dem Agentic Commerce Protocol (ACP) schaffen OpenAI und Stripe einen offenen Standard, der es Unternehmen ermöglicht, ihre Produkte agentenfähig zu machen – unabhängig vom Zahlungsanbieter. Damit entfällt die Notwendigkeit, für jede KI-Plattform eine eigene Schnittstelle zu entwickeln. Stattdessen entsteht eine gemeinsame Sprache zwischen KI-Agenten und Handelsplattformen.
Für Händler bedeutet das: volle Kontrolle über Sortiment, Marke und Abwicklung – und gleichzeitig Zugang zu einem neuen, KI-basierten Vertriebskanal. Das ACP bietet somit die technische Grundlage dafür, dass sich der digitale Handel nahtlos an ein Zeitalter anpassen kann, in dem KI-Agenten als persönliche Einkaufsassistenten agieren.


