Die Europäische Kommission hat den endgültigen Verhaltenskodex für sogenannte „Allzweck-KI-Modelle“ vorgestellt. Das freiwillige Instrument soll Anbietern helfen, die Vorgaben des KI-Gesetzes einzuhalten, das am 2. August 2025 in Kraft tritt. Es richtet sich an Entwickler von KI-Modellen, die breit einsetzbar sind – darunter auch besonders leistungsfähige Systeme wie ChatGPT.
Der Kodex wurde von 13 unabhängigen Experten erstellt und durch Beiträge von über 1.000 Interessengruppen ergänzt, darunter Wissenschaftler, KMU, Modellanbieter, Rechteinhaber sowie Vertreter der Zivilgesellschaft. Er dient als praktische Handreichung zur Umsetzung der neuen Vorschriften, die zunächst für neue Modelle ab August 2026 verbindlich werden, bestehende Modelle aber erst ein Jahr später betreffen.
Drei Kapitel, klare Ausrichtung
Der Kodex gliedert sich in die Bereiche Transparenz, Urheberrecht sowie Sicherheit und Schutz. Während die ersten beiden Kapitel für alle Anbieter relevant sind, richtet sich der Abschnitt zur Sicherheit insbesondere an Entwickler besonders leistungsstarker Modelle. Ziel ist es, Risiken wie etwa die Förderung von Massenvernichtungswaffen oder Kontrollverlust über ein Modell frühzeitig zu erkennen und zu minimieren.
Mit einem standardisierten Modelldokumentationsformular will der Transparenzteil des Kodex dafür sorgen, dass Anbieter ihre KI-Modelle nachvollziehbar dokumentieren können. Im Kapitel Urheberrecht gibt es Hinweise für eine EU-konforme Rechtepolitik – etwa beim Umgang mit öffentlich zugänglichen Daten.
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Freiwillige Selbstverpflichtung mit Vorteilen
Zwar ist der Kodex freiwillig, doch profitieren Anbieter, die ihn unterzeichnen, von weniger Bürokratie und mehr Rechtssicherheit. So können sie durch Einhaltung des Kodex nachweisen, dass ihre Modelle den Anforderungen des KI-Gesetzes entsprechen. Ergänzt wird der Kodex durch begleitende Leitlinien der Kommission, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes veröffentlicht werden und Klarheit über den Geltungsbereich schaffen sollen.
Kritik aus der Wirtschaft
Der Digitalverband Bitkom begrüßt grundsätzlich die Veröffentlichung des „GPAI Code of Practice“, sieht aber auch kritische Punkte. Besonders die Pflicht zur offenen Risikoprüfung („open-ended risk identification“) bei Hochleistungsmodellen wird als problematisch bewertet. Diese verlangt von Unternehmen, auch hypothetische Risiken zu identifizieren, was laut Bitkom zu zusätzlicher Rechtsunsicherheit führen könne. Zudem wird vor einem hohen bürokratischen Aufwand gewarnt, insbesondere bei Dokumentationspflichten im Umgang mit Beschwerden von Rechteinhabern.
Positiv wird hingegen bewertet, dass die Anbieter mehr Spielraum bei der Wahl sicherheitsrelevanter Maßnahmen erhalten. Auch die Klarstellung, dass die Verantwortung für öffentlich zugängliche Daten („third party sets“) nicht bei den Modellanbietern liegt, sorgt für Erleichterung.


