Wolt bleibt seiner Linie treu: Mit dem bereits vierten Algorithmic Transparency Report öffnet die finnische Plattform erneut den Vorhang und gewährt Einblicke in die automatisierten Systeme, die hinter Bestellungen, Auslieferungen und Empfehlungen stehen. Der Bericht soll nicht nur über Technik informieren, sondern auch Vertrauen schaffen – bei Kunden, Händlern und Kurierpartnern.
Transparenz als Prinzip – nicht als Marketingmaßnahme
Seit 2022 veröffentlicht Wolt jährlich seinen Transparenzbericht. Die neue Ausgabe stellt die Fortschritte des Jahres 2024 vor und zeigt, wie sich der Einsatz von Algorithmen in der Plattformpraxis weiterentwickelt hat. Dabei betont das Unternehmen, dass es nicht um punktuelle Offenheit gehe, sondern um kontinuierliche Einbindung – auch im Sinne der EU-Richtlinie zur Plattformarbeit. Diese fordert nachvollziehbare Informationen für arbeitende Partner über die eingesetzten Systeme.
Chief Product Officer Vincent Ho-Tin-Noe unterstreicht: „Transparenz ist kein Schlagwort für uns, sondern Bestandteil unseres täglichen Handelns.“ Das Unternehmen will durch Offenlegung sicherstellen, dass KI „für alle fair und vertrauenswürdig funktioniert“.
Gewinnen in der Plattform-Ökonomie
Personalisierung für Konsumenten – aber mit Augenmaß
Eine zentrale Rolle spielen Algorithmen in der Sortierung von Inhalten in der Wolt-App. Die Startseite wird durch maschinelles Lernen personalisiert: Wer häufig Sushi bestellt, bekommt entsprechende Empfehlungen – basierend auf dem eigenen Verhalten und den Vorlieben ähnlicher Nutzer. Gleichzeitig bemüht sich Wolt, Monotonie zu vermeiden, indem auch neue oder unerwartete Angebote angezeigt werden.
Auch bei bezahlten Anzeigen greift ein intelligentes Ranking-Modell: Anzeigen werden nicht nur nach Gebotshöhe, sondern auch nach erwarteter Relevanz für den Nutzer priorisiert. Dabei werden keine sensiblen Daten verwendet – Wolt setzt auf aggregierte, anonymisierte Informationen.
Händler profitieren von automatisierten Tools
Für lokale Geschäfte bietet Wolt zahlreiche Werkzeuge zur digitalen Präsenz. Mit einem Self-Serve-Onboarding können neue Partner ihre Point-of-Sale-Systeme selbstständig integrieren. Ein weiteres Highlight: Ein KI-gestütztes Foto-Tool erlaubt professionelle Produktbilder via Smartphone – ohne Fotografen oder Food-Waste.
Zur besseren Sichtbarkeit können Händler bezahlte Platzierungen buchen. Die Algorithmen hinter diesen Kampagnen orientieren sich an der Relevanz für den Nutzer, Standortdaten und der Höhe des Händlergebots. Darüber hinaus analysiert ein neues Reporting-Tool Verkaufsdaten und hilft Händlern, ihre Performance besser zu verstehen.
Kurierpartner: Flexible Arbeit, algorithmisch gestützt
Für die über 300.000 Kurierpartner, die sich 2024 neu registriert haben, spielt der algorithmische Unterbau eine noch wichtigere Rolle. Die Zuteilung von Lieferaufträgen erfolgt automatisiert – nach Kriterien wie Verfügbarkeit, Fahrzeugtyp, Entfernung zum Abholort oder Qualifikationen (z. B. bei Apothekenbestellungen).
Mit „Task Packages“ werden mehrere Lieferungen zu Bündeln zusammengefasst, was die Effizienz erhöht. Eine weitere Neuerung: „City Heat Maps“ zeigen in Echtzeit Nachfrage-Hotspots, sodass Kurierpartner ihre Einsatzorte besser planen können. Durch neue Auszahlungsfunktionen können sie sich ihre Vergütung sofort nach einer Lieferung auszahlen lassen.
Das Preismodell basiert auf Faktoren wie Strecke, Auftragskomplexität, Wetterbedingungen und Verkehrslage. So soll sichergestellt werden, dass jeder Auftrag fair vergütet wird – unabhängig von Länge oder Zielort.
Lokale Unterschiede: Das Beispiel Deutschland
Anders als in den meisten Märkten arbeitet Wolt in Deutschland mit fest angestellten Kurieren. Hier greifen andere algorithmische Regeln: Der Schichtplan muss vorab veröffentlicht werden, Aufgaben sind verpflichtend anzunehmen, und die Anwesenheit in bestimmten Lieferzonen wird überwacht. Wolt betont, dass diese Vorgaben auf nationalem Arbeitsrecht basieren und der Transparenzbericht sich auf Länder mit Freiberuflermodell bezieht.
Unterstützung durch KI – aber nicht ohne Menschen
Auch der Kundensupport wird zunehmend durch KI unterstützt. Smarte Textvorschläge und automatische Übersetzungen sollen das Support-Team entlasten, bleiben aber immer durch Menschen überprüft. Wolt plant, künftig auch direkt nutzbare KI-Tools für Kunden zu entwickeln – mit klaren Leitplanken in Sachen Datenschutz und Qualität.
Fazit: Digitalisierung nachvollziehbar gestalten
Mit dem Bericht legt Wolt ein selten detailliertes Zeugnis über den Einsatz von Algorithmen im Plattformgeschäft vor. Das Unternehmen zeigt, wie maschinelles Lernen, Automatisierung und Personalisierung in verschiedenen Bereichen ineinandergreifen – und dass diese Prozesse nicht im Verborgenen bleiben müssen. Für Händler, Kunden und Kuriere gleichermaßen bedeutet das mehr Einblick, mehr Kontrolle und letztlich auch mehr Vertrauen.


