Ein dramatischer Kurssturz bei Worldline sorgt für Unruhe an den Finanzmärkten. Der französische Zahlungsdienstleister steht im Zentrum eines Skandals, nachdem europäische Medien schwere Vorwürfe erhoben haben. Demnach soll das Unternehmen über Jahre hinweg betrügerische Praktiken seiner Kunden geduldet oder gar gedeckt haben. Hintergrund ist unter anderem ein Artikel des Spiegel, in dem dem deutschen Unternehmen Payone – an dem Worldline beteiligt ist – gravierende Versäumnisse bei der Bekämpfung von Geldwäsche vorgeworfen werden.
Nach der Veröffentlichung der investigativen Berichte mehrerer europäischer Journalisten brach der Kurs der Worldline-Aktie am Mittwoch um über 20 Prozent ein. Zwischenzeitlich wurde der Handel mit den Papieren unterbrochen. Auch die Anleihen des Unternehmens verloren stark an Wert – ein seltener Einbruch in dieser Größenordnung.
Warnsignale wurden offenbar ignoriert
Laut den Recherchen arbeitete Worldline über Tochtergesellschaften mit riskanten oder bereits gesperrten Kunden weiter zusammen. Interne Warnungen und Risikohinweise sollen dabei regelmäßig übergangen worden sein. Ein Beispiel ist ein indischer Anbieter von vermeintlichen Virenschutzprogrammen, dessen Geschäftspraktiken als unseriös galten. Während Konkurrenten wie Adyen die Zusammenarbeit frühzeitig beendeten, setzte Worldline laut Bericht die Kooperation fort.
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Tochterfirma im Fokus niederländischer Ermittlungen
Im Zentrum der Vorwürfe steht neben Payone auch die niederländische Worldline-Tochter Global Collect Services. Diese soll nach Informationen einer niederländischen Zeitung jahrelang profitable, aber problematische Geschäftsbeziehungen gepflegt haben – auch entgegen eigener Risikoanalysen. Die niederländische Zentralbank leitete bereits 2022 Ermittlungen gegen die Tochter ein, kritisierte aber bislang lediglich allgemein unzureichende Kontrollmechanismen.
Worldline verteidigt sich mit Hinweis auf Reformen
In einer ersten Reaktion erklärte Worldline, man verfolge eine „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber Betrug und halte sich strikt an gesetzliche Vorgaben. Seit 2023 habe das Unternehmen seine Risikostrategie überarbeitet, das Kundenportfolio in diesen Sektoren durchleuchtet und rund 1,5 Prozent der Transaktionsvolumina aussortiert. Die Maßnahmen führten 2024 zur Trennung von Kunden mit einem Umsatzvolumen von etwa 130 Millionen Euro.
Aktive HBR-Kunden unterliegen laut Worldline inzwischen strengen Kontrollmechanismen, inklusive zusätzlicher Nachweise und laufender Überprüfungen. Zudem habe man die internen Compliance-Ressourcen deutlich aufgestockt, um dem gestiegenen Prüfungsbedarf gerecht zu werden. Die Unternehmensführung versichert, bei Anzeichen für Regelverstöße sofort zu reagieren und Kundenbeziehungen im Zweifel zu beenden. Vorstand und Aufsichtsrat stünden geschlossen hinter einer Null-Toleranz-Politik in Bezug auf Regelverstöße und Finanzkriminalität.