Chrono24, der „weltweit größte Marktplatz“ für gebrauchte Luxusuhren, hat eine größere Umstrukturierung angekündigt. Im Rahmen dieser sollen 110 Stellen abgebaut werden, was fast einem Viertel der Belegschaft entspricht. Der Schritt wurde der Belegschaft bereits mitgeteilt, wie vergangene Woche gegenüber dem Handelsblatt bestätigt wurde. Der Stellenabbau soll laut Unternehmensangaben durch faire Abfindungspakete sozialverträglich gestaltet werden.
Das Unternehmen will durch die Umstrukturierung seine führende und profitable Position im globalen Uhrenmarkt ausbauen und Investitionen in langfristiges und nachhaltiges Wachstum gezielt vorantreiben. Im Zuge der Veränderungen sollen „Entscheidungsprozesse gestrafft, die Zusammenarbeit
innerhalb des Unternehmens verbessert und der Fokus auf strategische Prioritäten
geschärft“ werden, wie es in einer Retail-News vorliegenden Mitteilung heißt.
Chrono24 konnte entgegen des Trends in einem schwierigen Umfeld profitabel wachsen – dennoch führen steigende Kosten durch Expansion zu einem Handlungsdruck, wie ein Insider im Handelsblatt erläutert. Ziel sei es, das Unternehmen effizienter zu machen und Hierarchien zu straffen. Zusätzlich sollen einzelne Geschäftsbereiche wie der Kundendienst ausgelagert werden. Nach Abschluss der Umstrukturierung wird das Unternehmen weltweit noch 350 Mitarbeiter beschäftigen.
Verschärfte Marktbedingungen für Luxusuhren
Die geplanten Einschnitte sind eine Reaktion auf die deutlich verschlechterte Marktsituation. Der Boom bei Luxusuhren, der während der Corona-Pandemie vor allem den Secondhand-Markt beflügelt hatte, ist vorüber. Seit 2023 sind die Preise für gebrauchte Luxusuhren um fast 30 Prozent eingebrochen. Nach Jahren des Wachstums führte die Kombination aus steigenden Leitzinsen, wirtschaftlicher Unsicherheit und einem Überangebot auf dem Markt zum Platzen der Blase.
Besonders problematisch ist für Plattformen wie Chrono24, dass die Umsätze mit gebrauchten Uhren rückläufig sind. Diese machen 80 Prozent des Handelsvolumens auf Chrono24 aus, das insgesamt bei etwa einer Milliarde Euro jährlich liegt.
Nicht nur die Preise für gebrauchte Uhren machen dem Markt zu schaffen. Auch der Primärmarkt verändert sich: Hersteller wie Rolex oder Patek Philippe setzen zunehmend auf den Direktvertrieb in eigenen Stores und bauen den Zwischenhandel ab. Für Rolex war der Einstieg in den Einzelhandel 2023 ein strategischer Schritt, als das Unternehmen den Schweizer Juwelier Bucherer mit rund 100 Filialen übernahm.
Gleichzeitig drängen andere Anbieter wie Rüschenbeck, Watch.de oder die revitalisierte Plattform Chronext „neu“ in den Markt. Chronext wurde zwar 2024 insolvent, könnte jedoch durch eine Übernahme durch The Platform Group wieder auf die Beine kommen.
Neuausrichtung durch Investorendruck?
Hinter den Maßnahmen bei Chrono24 stehen womöglich auch die Interessen prominenter Investoren wie General Atlantic und Aglaé Ventures, dem Investmentzweig der Arnault-Familie. Diese streben offenbar einen Börsengang an, der durch hohe Wachstumszahlen und eine solide Rendite gestützt werden soll, wie Uhrenkosmos vermutet. Dabei scheint der Fokus stärker auf Expansion und Effizienz als auf Qualität zu liegen – ein Ansatz, der im hart umkämpften Markt für Luxusuhren jedoch Risiken birgt.
Ob Chrono24 diese Neuausrichtung dabei helfen wird, die Krise im Luxusuhrenhandel zu meistern, bleibt abzuwarten. Führende Analysten rechnen nicht mit einer schnellen Erholung des Secondhand-Markts. Zu groß seien die bestehenden Lagerbestände, und viele Käufer sowie Spekulanten halten sich angesichts der fallenden Preise zurück.