Trotz wachsender Investitionen in Sicherheit bleibt Ladendiebstahl ein zentrales Problem des deutschen Einzelhandels. Nach der aktuellen EHI-Studie zu Inventurdifferenzen beliefen sich die durch Schwund verursachten Verluste im Jahr 2024 auf 4,95 Milliarden Euro – das sind rund 3 Prozent mehr als im Vorjahr. Bezogen auf den Nettoumsatz ist der durchschnittliche Schwund von 0,63 auf 0,64 Prozent gestiegen.
Diebstahl bleibt Hauptursache für Verluste
Rund 4,2 Milliarden Euro der Verluste gehen laut EHI auf das Konto von Diebstählen. Davon entfallen 2,95 Milliarden Euro auf Kundschaft, 890 Millionen Euro auf eigenes Personal sowie 370 Millionen Euro auf Mitarbeitende von Lieferanten und Servicefirmen. Besonders auffällig ist der zunehmende Anteil organisierter Tätergruppen: Rund ein Drittel des Gesamtschadens – etwa 1 Milliarde Euro – wird diesen zugeschrieben. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Anstieg von 5 Prozent.
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Große Dunkelziffer bei Ladendiebstählen
Die Zahlen lassen nur erahnen, wie hoch der tatsächliche Schaden ist. Laut EHI bleiben 98 Prozent aller Ladendiebstähle unentdeckt. Hochgerechnet ergibt sich daraus eine Anzahl von 24,5 Millionen Fällen jährlich, mit einem durchschnittlichen Wert von 120 Euro je Diebstahl. Der Großteil dieser Verluste wird daher erst im Rahmen der Inventur sichtbar.
Sicherheitsausgaben steigen weiter
Um gegenzusteuern, investiert der Handel zunehmend in Sicherungsmaßnahmen. Im Branchendurchschnitt fließen derzeit etwa 0,33 Prozent des Umsatzes in Maßnahmen wie Artikelsicherungen, Kameraüberwachung, Detektiveinsätze, Schulungen oder Datenauswertungen. Das entspricht einem Betrag von rund 1,6 Milliarden Euro. Weitere 1,5 Milliarden Euro kommen für interne Sicherheitsmaßnahmen hinzu, sodass sich die Gesamtausgaben auf etwa 3,1 Milliarden Euro summieren.
Folgekosten treffen alle Kunden
Insgesamt beziffert das EHI die volkswirtschaftlichen Schäden durch entgangene Umsatzsteuer auf rund 570 Millionen Euro jährlich. Addiert man die Verluste durch Diebstahl und die Kosten für Prävention, ergibt sich ein Betrag von 7,3 Milliarden Euro. Diese Summe schlägt sich auch im Endpreis nieder: Alle Kunden zahlen rund 1,5 Prozent der Verkaufspreise indirekt für Diebstähle und deren Vermeidung mit.
HDE fordert Konsequenzen: „Ladendiebstahl ist keine Bagatelle“
Angesichts des enormen Schadens fordert der Handelsverband Deutschland (HDE) deutliche politische Reaktionen. Laut Hauptgeschäftsführer Stefan Genth müsse die Politik die dramatische Entwicklung ernst nehmen und gesetzgeberisch tätig werden. Die amtliche Kriminalstatistik bildet das Problem laut HDE nur unvollständig ab – viele Händler verzichten aus Frust über die geringen Erfolgsaussichten auf eine Anzeige. Der Verband kritisiert, dass der Koalitionsvertrag die Sorgen des Handels nicht ausreichend berücksichtigt habe. Neben Verbesserungen bei Justiz und Digitalisierung fordert der HDE auch strafrechtliche Reformen. Vor allem müssten Bandenkriminalität und gewerbsmäßiger Diebstahl konsequenter geahndet werden. Ziel sei eine deutlichere Abschreckung durch härtere Strafen.