Ein Jahrzehnt nach dem spektakulären Einstieg von LVMH bei Hermes, sorgt ein Erbstreit für neue Schlagzeilen in der französischen Luxusindustrie. Nicolas Puech, 82-jähriger Urenkel des Hermes-Gründers Thierry Hermes, hat eine Zivilklage gegen Bernard Arnault und dessen LVMH-Konzern eingereicht. In der Klage, die Reuters exklusiv einsehen konnte, macht Puech geltend, dass er ohne sein Wissen sechs Millionen Hermes-Aktien verloren habe – ein Vermögen, das heute auf rund 14 Milliarden Euro geschätzt wird.
Zivilklage gegen Arnault und LVMH
Die Klage wurde bereits im Mai beim Pariser Zivilgericht eingereicht. Laut Puech wechselten die Anteile ohne sein Wissen den Besitzer. Wann und zu welchem Preis dies geschah, bleibt bislang unklar. Neben Arnault selbst nennt die Klage auch dessen Familienholding Agache, die Schweizer Firmen Semper SA und Phidias Gestion sowie Puechs verstorbenen ehemaligen Vermögensverwalter Eric Freymond als Beklagte.
Puech war einst einer der größten Einzelaktionäre von Hermes, entschied sich jedoch 2011 gegen eine Beteiligung an einer familieninternen Holdingstruktur, die eine feindliche Übernahme verhindern sollte. In einem Interview mit dem Magazin L’Express behauptete Puech kürzlich, nie gewusst zu haben, dass Freymond Hermes-Aktien in seinem Namen verschoben habe – mutmaßlich zugunsten von Arnault.
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Verbindung zu laufenden Strafermittlungen
Parallel zur Zivilklage läuft in Frankreich ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Untreue und Veruntreuung. Dieses richtet sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft bislang ausschließlich gegen Freymond. Weder Arnault noch LVMH wurden formell beschuldigt. Dennoch behält sich Puech laut Klageschrift vor, Schadenersatz von jenen Parteien zu fordern, die am Ende strafrechtlich belangt werden.
LVMH hat sich laut Reuters inzwischen öffentlich zu den Vorwürfen geäußert. In einer Stellungnahme vom 3. Dezember wies der Konzern alle Anschuldigungen entschieden zurück. Man habe „niemals in irgendeiner Weise oder ohne Wissen eines Beteiligten Anteile von Hermes unterschlagen“ und halte auch keine „versteckten Aktien“. Die Berichterstattung rund um die Klage bezeichnete LVMH als „offensichtlich koordinierte Medienkampagne“.
Hintergrund: LVMHs Einstieg bei Hermes
Der Streit erinnert an den jahrelangen Konflikt zwischen LVMH und Hermes, der 2010 begann, als Arnault sich heimlich rund 23 Prozent der Hermes-Anteile sicherte. Die französische Finanzaufsicht AMF verhängte 2013 eine Strafe in Höhe von acht Millionen Euro gegen LVMH wegen mangelnder Transparenz – eine Sanktion, die der Konzern als unbegründet zurückwies.
Ob sich die jüngsten Entwicklungen zu einem neuen Kapitel in der Geschichte der französischen Luxusindustrie auswachsen oder juristisch im Sande verlaufen, bleibt abzuwarten. Klar ist: Die Fronten zwischen dem Hermes-Erben und dem LVMH-Chef sind erneut verhärtet.


