Online-Modehändler Shein verschärft seine internen Kontrollmechanismen, nachdem das Unternehmen in den vergangenen Monaten Bußgelder in Höhe von mehr als 190 Millionen Euro zahlen musste. Wie aus einem Schreiben an Investoren und internen Dokumenten hervorgeht, auf die sich Reuters exklusiv beruft, reagiert Shein auf Vorwürfe wie Datenschutzverletzungen, irreführende Rabatte und Greenwashing.
Das Unternehmen hat demnach eine neue Einheit namens „Business Integrity Group“ geschaffen, die Compliance, Governance und externe Angelegenheiten koordinieren soll. Zusätzlich wurde die interne Revision ausgebaut, um stärkere disziplinarische Standards zu etablieren. Erste Pilotprojekte zur Verbesserung der Kontrolle wurden laut dem Bericht bereits in den USA, Kanada, Brasilien und Mexiko umgesetzt.
Millionenstrafen und neue Risiken
Allein in Frankreich wurde Shein innerhalb weniger Wochen mit zwei empfindlichen Bußgeldern belegt: 150 Millionen Euro wegen unerlaubter Datenerfassung über Website-Cookies sowie 40 Millionen Euro wegen angeblich irreführender Rabattaktionen. Hinzu kommt eine eine Million Euro schwere Strafe aus Italien wegen irreführender Umweltversprechen. Weitere Sanktionen könnten folgen, sollte ein laufendes EU-Verfahren zur Produktsicherheit zu einem negativen Ergebnis kommen. Shein bestreitet die Vorwürfe und will gegen das hohe Bußgeld in Frankreich juristisch vorgehen.
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Compliance statt Wachstumsmodus
Shein mit Sitz in Singapur und chinesischen Wurzeln steht nicht nur wegen regulatorischer Fragen unter Druck. Auch das starke Umsatzwachstum der vergangenen Jahre hat sich verlangsamt. Unternehmenschef Donald Tang räumte in einem Schreiben vom 25. August „zunehmende Herausforderungen“ ein, etwa durch neue US-Zölle und politische Widerstände in Europa.
Wachsende Kritik aus Europa
Frankreich hat sich zum Zentrum der Kritik an Sheins Geschäftspraktiken entwickelt. Laut einem OECD-Bericht, der auf eine Beschwerde französischer Abgeordneter zurückgeht, missachtet das Unternehmen die Leitlinien für verantwortungsvolles Wirtschaften in Bereichen wie Arbeitsrechten, Umweltstandards und Transparenz. Besonders kritisiert wurde, dass wesentliche Informationen zur Konzernstruktur und finanziellen Lage fehlen.
Shein wies die Vorwürfe zurück und erklärte, der OECD-Prozess sei nicht neutral verlaufen. Zudem betreffe ein Teil der beanstandeten Regelungen Gesetze, die noch gar nicht in Kraft getreten seien.


