Der eskalierende Zollstreit zwischen den USA und der Europäischen Union droht, sich zu einem folgenschweren Wirtschaftskonflikt auszuwachsen. Beide Seiten sprechen offen über Strafmaßnahmen, doch wer tiefer blickt, erkennt: Hier stehen keine Interessen einzelner Konzerne, sondern grundlegende Prinzipien des Welthandels auf dem Spiel. Der Wunsch nach politischer Stärke darf nicht zur Schwächung wirtschaftlicher Stabilität führen.
Strafzölle als Druckmittel – ein politisch riskantes Instrument
US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, ab dem 2. April Importzölle von 25 Prozent auf alle Autos aus Europa zu verhängen. Begründet wird der Schritt mit dem Ziel, die heimische Industrie zu schützen und das Handelsdefizit zu senken. Doch dieser protektionistische Reflex trifft vor allem deutsche Hersteller wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz. Auch wenn die USA ein legitimes Interesse an einer ausgeglichenen Handelsbilanz haben, wirken Strafzölle wie ein Werkzeug aus einer anderen Zeit – kurzfristig populär, langfristig riskant.
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EU in der Zwickmühle: Besonnenheit oder Retourkutsche?
Die EU hat sich bislang um Deeskalation bemüht. Zwar wurden Gegenmaßnahmen ins Spiel gebracht – darunter Sonderabgaben auf digitale US-Dienste oder Ausschlüsse bei öffentlichen Aufträgen –, doch bislang ist Zurückhaltung das oberste Gebot. „Zölle sind Steuern – schlecht für Unternehmen, noch schlechter für Verbraucher, sowohl in den USA als auch in der EU.“, so Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, in einem Statement.
Zu Recht warnt auch der Handelsverband bevh davor, wirtschaftspolitische Instrumente wie den Digital Services Act (DSA) und den Digital Markets Act (DMA) politisch zu missbrauchen. Wer Recht als Machtmittel einsetzt, verspielt Glaubwürdigkeit.
Mit deutlich schärferen Worten hat sich der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dr. Dirk Jandura, zur Ankündigung von US-Zöllen auf europäische Autoimporte geäußert. Er wirft Donald Trump vor, den Handelskonflikt mit falschen Behauptungen und einseitigen Maßnahmen zu eskalieren – ein Schritt, der für beide Seiten gravierende wirtschaftliche Folgen haben werde. Soweit so gut, doch zugleich fordert Jandura die EU auf, klare Gegenmaßnahmen zu ergreifen – auch gegenüber US-Digitalkonzernen.
Eskalation schadet allen – und verändert die Regeln
Die Folgen eines Handelskriegs wären auf beiden Seiten spürbar: Lieferketten geraten ins Wanken, Investitionen werden verschoben, Arbeitsplätze sind gefährdet. Auch Verbraucher zahlen den Preis – in Form höherer Preise und geringerer Auswahl. Zudem droht ein Dominoeffekt: Wenn wirtschaftliche Konflikte zunehmend mit Zollmaßnahmen beantwortet werden, könnte dies andere Staaten ermutigen, ähnlich zu agieren. Der Welthandel geriete ins Wanken.
Handelsmeinung kontra Handelsrealität: Was Umfragen nicht zeigen
Ein aktuelles Meinungsbild aus Deutschland scheint jedoch die Linie harter Gegenmaßnahmen zu befürworten: Laut einer YouGov-Umfrage vom März 2025 befürworten rund zwei Drittel EU-Gegenzölle auf US-Importe. Gleichzeitig erwarten 75 Prozent der Befragten wirtschaftliche Auswirkungen der US-Zölle auf Deutschland – ein Ausdruck nachvollziehbarer Sorge. Doch so verständlich diese Einschätzungen auf gesellschaftlicher Ebene auch sein mögen, sie dürfen aus professioneller Sicht nicht unkritisch übernommen werden.
Umfragen wie diese spiegeln Stimmungen, keine Strategien. Die Zustimmung zu Gegenzöllen zeigt vor allem ein Bedürfnis nach Reaktion und Handlungsfähigkeit – nicht zwingend nach wirtschaftlicher Klugheit. Politisch polarisierte Einschätzungen, etwa bei AfD- oder BSW-Anhängern, verdeutlichen zudem, wie stark wirtschaftspolitische Fragen emotional und ideologisch aufgeladen sind. Für Entscheidungsträger darf ein solches Meinungsbild deshalb nur ein Signal, nicht aber eine Handlungsanleitung sein. Es ersetzt keine wirtschaftliche Analyse, keine diplomatische Strategie und schon gar nicht die langfristige Perspektive auf stabile Handelsbeziehungen.
Diplomatie bleibt der einzige Weg
Noch besteht Hoffnung. Die Reise von EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič nach Washington zeigt, dass beide Seiten an einer Lösung interessiert sind. Doch die Uhr tickt, denn US-Vertreter signalisierten bereits, dass vor weiteren Verhandlungen zusätzliche Zölle auf EU-Produkte verhängt werden könnten.
Die EU muss nun Stärke zeigen, aber auf rechtsstaatlicher Basis. Eine Eskalation wäre nicht nur ökonomisch schädlich – auch für den globalen Online-Handel – sondern vor allem auch politisch gefährlich.