Der Biomarkt entwickelt sich zur Wachstumsspitze im deutschen Lebensmitteleinzelhandel – und eine Vertriebsform rückt dabei besonders in den Fokus: Drogeriemärkte. Während der gesamte Food-Bereich zwischen Januar und April 2025 um 3,7 Prozent wächst, legen Bio-Produkte im selben Zeitraum um 10,3 Prozent zu. Die neue Dynamik ist vor allem auf ein verändertes Einkaufsverhalten und eine bewusste Sortimentserweiterung zurückzuführen.
Vom Wocheneinkauf zum Bio-Snack
Verbraucher gehen laut aktuellen NIQ Consumer Panel Daten wieder häufiger einkaufen, verzichten aber zunehmend auf große Wocheneinkäufe. Der Trend geht zu kleineren, alltagsnahen Besorgungen. Die Zahl der Einkaufsakte pro Haushalt ist um 5,3 Prozent gestiegen, während der Anteil großer „Big Trolley“-Einkäufe unter die 20-Prozent-Marke gefallen ist. Dieser Wandel sorgt für ein Umsatzplus im FMCG-Gesamtmarkt von 4,9 Prozent – und verschafft insbesondere Bio-Produkten neue Marktanteile.
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Drogerien als Impulsgeber
Insbesondere Drogeriemärkte treiben das Bio-Wachstum deutlich voran: Mit einem Plus von 20,8 Prozent verzeichnen sie den größten Zuwachs unter allen Vertriebskanälen. Trotz eines Umsatzanteils von nur 20 Prozent stemmen sie mehr als ein Drittel des absoluten Bio-Wachstums. Möglich macht das vor allem eine Sortimentsoffensive: Das Bio-Angebot in Drogerien wurde im Jahresvergleich um rund zehn Prozent erweitert. Dadurch kaufen 9,3 Prozent mehr Haushalte Bio-Produkte in diesen Märkten.
Im Gegensatz zum klassischen Lebensmitteleinzelhandel verzichten Drogeriemärkte weitgehend auf Preisaktionen. Der Anteil von Bio-Produkten in Werbeaktionen ist hier von 23,6 auf 18,5 Prozent gesunken. Bio wächst also weniger über Rabatte, sondern über bessere Verfügbarkeit und ein umfangreicheres Angebot.
Urbaner Bio-Hunger
Auch die regionale Verteilung des Wachstums zeigt ein klares Bild: In Städten mit 100.000 bis 500.000 Einwohnern steigt der Bio-Umsatz um 12,2 Prozent, in Metropolen um 9,4 Prozent. In ländlicheren Regionen liegt das Plus meist nur bei rund 3 bis 4 Prozent. Die urbane Bevölkerung greift also nicht nur häufiger zu Bio, sondern lässt sich auch stärker vom erweiterten Angebot überzeugen.
Laut NIQ-Experte Thomas Montiel Castro treiben zwei Gruppen das Wachstum: Einerseits Konsumenten mit hohem Nachhaltigkeitsanspruch, andererseits preisbewusste Käufer, die Bio nur wählen, wenn das Verhältnis von Qualität und Preis stimmt. Gerade Drogeriemärkte bedienen beide Gruppen mit einem breit verfügbaren Standardsortiment.
Breites Wachstum im Sortiment
Besonders stark wachsen Trockenfertigprodukte (+60 Mio. €), Produkte der „Weißen Linie“ (+38 Mio. €), alkoholfreie Getränke (+22,3 %), Heißgetränke (+21,2 %) und Backwaren (+20,1 %). Auch Süßwaren, Brotaufstriche sowie Fette und Öle erzielen zweistellige Zuwächse. Entscheidend für diese Entwicklung ist die Sortimentstiefe: Je breiter das Angebot, desto mehr Käufer greifen zu – bei Süßwaren sind es 1,5 Millionen zusätzliche Haushalte, bei Fetten und Ölen über eine Million.
Eigenmarken dominieren – Marken ziehen nach
Den größten Beitrag zum Bio-Wachstum leisten Eigenmarken: Sie legen um 13,3 Prozent zu und erwirtschaften mehr als zwei Drittel des zusätzlichen Umsatzes (234 Mio. € von 299 Mio. €). 86 Prozent der Haushalte kaufen bereits Bio-Eigenmarken. Dennoch holen Markenprodukte auf – ihre Käuferzahl stieg um rund 400.000 Haushalte. Im Drogeriemarkt verzeichnen Markenprodukte sogar ein Plus von 12 Prozent, während Eigenmarken hier um 8 Prozent wuchsen.
Für den langfristigen Erfolg sei eine durchdachte Sortimentspolitik entscheidend, so Montiel Castro: „Wer Bio nachhaltig wachsen lassen will, darf nicht nur auf Preissenkungen setzen. Entscheidend ist ein breites, gut verfügbares Sortiment, das Kundenbedürfnisse trifft.“