Der Verkauf von apothekenpflichtigen Medikamenten auf Amazon steht vor einer entscheidenden rechtlichen Wende, da der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Kürze über die damit verbundenen Datenschutzfragen urteilen wird. Dieser Fall, der seit 2019 die Gerichte beschäftigt, beleuchtet die komplexe Schnittstelle zwischen E-Commerce und Datenschutzgesetzen, insbesondere der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
Das Oberlandesgericht Naumburg hatte 2019 entschieden, dass der Verkauf dieser Medikamente über Amazon gegen die DSGVO verstößt, da keine separate Einwilligung für die Erhebung gesundheitsbezogener Daten der Kunden vorlag. Der Amazon-Watchblog berichtete damals ausführlich. Da dieser Fall jedoch Aspekte des europäischen Datenschutzrechts betrifft, wurde er an den EuGH weitergeleitet.
Ein zentrales Thema vor dem EuGH ist laut Apotheke Adhoc die Klärung, ob die beim Medikamentenverkauf erhobenen Daten, wie der Name des Kunden und Lieferadresse, tatsächlich als gesundheitsbezogene Daten im Sinne der DSGVO anzusehen sind. Diese Daten könnten theoretisch Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Kunden zulassen. Die Entscheidung des EuGH wird richtungsweisend sein, inwiefern E-Commerce-Plattformen mit sensiblen Kundendaten umgehen müssen.
Des Weiteren steht die Frage im Raum, ob und inwieweit Mitbewerber berechtigt sind, gegen Datenschutzverstöße zu klagen, wenn sie nicht direkt betroffen sind. In Deutschland ist es üblich, dass nur direkt Betroffene Klage erheben können. Eine Ausnahme bildet das Wettbewerbsrecht, welches Mitbewerbern erlaubt, rechtlich gegen Verstöße vorzugehen, die den fairen Wettbewerb beeinträchtigen. Der EuGH wird klären, ob Datenschutzverstöße unter diese Kategorie fallen und somit Klagen von Mitbewerbern zulässig sind.
Aus juristischer Perspektive ist hervorzuheben, dass die anstehenden Urteile des EuGH weitreichende Implikationen für den Online-Arzneimittelverkauf in Europa haben könnten. Sollte der EuGH entscheiden, dass die im Rahmen des Online-Verkaufs von Medikamenten erhobenen Daten als gesundheitsbezogene Daten im Sinne der DSGVO einzustufen sind, würde dies eine strengere Regulierung und höhere Datenschutzanforderungen für Online-Apotheken nach sich ziehen. Dies könnte beispielsweise zu einer Notwendigkeit führen, explizite Einwilligungsmechanismen für die Verarbeitung dieser Daten zu implementieren, was den Online-Handel mit Medikamenten komplexer und möglicherweise weniger zugänglich für einige Anbieter machen könnte. Zudem könnte ein Urteil, das Mitbewerbern das Recht einräumt, gegen Datenschutzverstöße zu klagen, die Wettbewerbsdynamik im Online-Arzneimittelmarkt beeinflussen, indem es einen strengeren rechtlichen Rahmen schafft und potenziell zu einer Zunahme von rechtlichen Auseinandersetzungen führt.