Der neue DHL Trade Atlas 2025 liefert umfassende Einblicke in die aktuellen Trends und Prognosen des globalen Warenhandels. Trotz geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten zeigt der Bericht, dass der internationale Handel weiterhin wächst – wenn auch mit regionalen Verschiebungen und neuen Herausforderungen. Besonders asiatische und afrikanische Märkte gewinnen an Bedeutung, während sich Handelsstrukturen durch technologische Fortschritte und politische Entscheidungen verändern.
Handelswachstum: Stabil trotz geopolitischer Unsicherheiten
Der globale Warenhandel wird in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 3,1 % steigen. Diese Prognose basiert auf Daten aus dem Economist Intelligence Unit, dem Internationalen Währungsfonds (IWF), Oxford Economics und S&P Global Market Intelligence. Damit liegt das erwartete Handelswachstum auf einem ähnlichen Niveau wie das des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Allerdings bleibt der Ausblick mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Besonders die Handelspolitik der USA unter einer möglichen zweiten Amtszeit von Donald Trump könnte für Unruhe sorgen. Sollte die US-Regierung alle angekündigten Zollerhöhungen umsetzen, könnte sich das Handelswachstum erheblich verlangsamen. Dennoch zeigt die Analyse, dass der Welthandel in den letzten Jahrzehnten immer wieder widerstandsfähig gegenüber wirtschaftlichen und politischen Krisen war.
Die neuen Wachstumsmärkte: Asien und Afrika im Fokus
Ein zentraler Trend des Berichts ist die Verschiebung des Handelswachstums in bestimmte Regionen. Während Europa und Nordamerika weiterhin eine bedeutende Rolle spielen, rücken andere Märkte stärker in den Mittelpunkt.
Südasien als Wachstumsführer
Die Region Südasien, insbesondere Indien, wird in den kommenden Jahren eines der stärksten Handelswachstums weltweit verzeichnen. Indien gehört zusammen mit China und den USA zu den drei Ländern mit dem höchsten absoluten Handelswachstum. Besonders die günstigen Produktionskosten und die wachsende Inlandsnachfrage machen Indien zu einem wichtigen Akteur im Welthandel.
Subsahara-Afrika mit hohem Potenzial
Die Märkte in Subsahara-Afrika werden ebenfalls deutlich wachsen. Laut dem DHL Trade Atlas 2025 wird die Region im Zeitraum 2024–2029 eine der höchsten Wachstumsraten beim Handelsvolumen verzeichnen. Gründe dafür sind steigende Investitionen in Infrastrukturprojekte, die wachsende Mittelschicht und zunehmende Handelsabkommen innerhalb Afrikas, wie die Afrikanische Kontinentale Freihandelszone (AfCFTA).
Südostasien bleibt dynamisch
Auch die ASEAN-Region (u. a. Vietnam, Indonesien und die Philippinen) wird weiterhin starkes Handelswachstum zeigen. Länder wie Vietnam profitieren besonders von der Verlagerung von Produktionsstätten aus China und der steigenden Nachfrage nach Elektronik und Konsumgütern.
China und die USA: Handelsströme im Wandel
Trotz der seit Jahren andauernden Handelsspannungen zwischen den USA und China bleibt China ein zentraler Handelspartner für viele Länder. Allerdings zeigt der Bericht, dass sich chinesische Waren zunehmend neue Wege in die USA suchen.
Während der direkte Anteil chinesischer Exporte an den USA zurückgeht, nehmen indirekte Exporte über Drittstaaten zu. Viele chinesische Vorprodukte werden in Länder wie Vietnam, Mexiko oder Thailand geliefert, dort weiterverarbeitet und dann in die USA exportiert. Dadurch bleibt die US-Wirtschaft weiterhin stark von chinesischen Produkten abhängig – wenn auch über Umwege.
Ein weiterer bedeutender Trend ist die Verlagerung von Produktionskapazitäten. Unternehmen diversifizieren ihre Lieferketten verstärkt, um geopolitische Risiken zu minimieren. Besonders Indien, Vietnam und Mexiko profitieren von dieser Entwicklung.
Der Mythos der Regionalisierung: Fernhandel auf Rekordniveau
Trotz Diskussionen über Nearshoring und die Verlagerung von Produktionsstätten in die Nähe der Absatzmärkte zeigt der DHL Trade Atlas 2025 ein anderes Bild: Der globale Handel hat sich nicht regionalisiert, sondern ist sogar weiter gestiegen.
Im Jahr 2024 erreichte die durchschnittliche Distanz der gehandelten Waren einen Rekordwert von 5.000 Kilometern. Gleichzeitig sank der Anteil des Handels, der innerhalb der großen Weltregionen stattfindet, auf einen Tiefstand von 51 %. Dies zeigt, dass Unternehmen weiterhin auf internationale Lieferketten setzen, anstatt verstärkt auf regionale Handelsströme auszuweichen.
Besonders Europa und Nordamerika sind stärker in globale Handelsnetzwerke eingebunden als jemals zuvor. Die zunehmende Bedeutung Asiens als „Fabrik der Welt“ führt dazu, dass immer mehr Waren über weite Distanzen transportiert werden.
Branchen mit dem größten Handelswachstum
Während Industriegüter weiterhin den größten Teil des globalen Handels ausmachen, verzeichneten einige Sektoren in den letzten Jahren überdurchschnittliches Wachstum.
Energie und Rohstoffe
Steigende Preise für mineralische Brennstoffe haben den Wert des Handels mit Öl, Gas und Kohle deutlich erhöht. Länder mit hohen Energieexporten, wie Saudi-Arabien und Russland, profitieren besonders von dieser Entwicklung.
Technologie und Elektronik
Der Handel mit Elektronikprodukten, Industriemaschinen und Arzneimitteln wächst ebenfalls stark. Besonders Halbleiter und Batterietechnologien sind zentrale Treiber für das Wachstum in Asien und Nordamerika.
Pharmaindustrie
Arzneimittel und Medizintechnik verzeichnen aufgrund der steigenden Nachfrage nach Gesundheitsprodukten weltweit ein starkes Wachstum. Der Pharmasektor hat sich als besonders krisenresistent erwiesen.
Fazit: Welthandel bleibt robust und wandlungsfähig
Der DHL Trade Atlas 2025 zeigt, dass der globale Handel trotz geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten wächst. Besonders Südasien, Subsahara-Afrika und Südostasien entwickeln sich zu den neuen Wachstumsmärkten. Gleichzeitig verändern sich Handelsrouten und Produktionsstrukturen, ohne dass eine signifikante Regionalisierung eintritt.
China bleibt ein zentraler Akteur, auch wenn sich Handelsströme zunehmend über Drittstaaten verlagern. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie sich politische Entscheidungen, insbesondere in den USA, auf den Welthandel auswirken. Eines ist jedoch sicher: Die Welt bleibt vernetzt, und der internationale Handel wird auch in Zukunft ein zentraler Treiber des globalen Wirtschaftswachstums bleiben.