Die Europäische Kommission hat ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Vereinfachung von Nachhaltigkeits- und Sorgfaltspflichten für Unternehmen vorgestellt. Der sogenannte „Omnibus-Vorschlag“ soll bürokratische Hürden abbauen und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft stärken.
Umfassende Reform für nachhaltige Berichterstattung
Mit dem neuen Omnibus-Paket plant die EU-Kommission, bestehende Vorschriften der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) zu überarbeiten. Ziel ist es, übermäßige Bürokratie abzubauen, ohne die Nachhaltigkeitsziele des Green Deal zu gefährden.
Ein Kernpunkt der Reform ist die Neudefinition der Berichtspflicht für Unternehmen: Künftig sollen nur noch Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem Umsatz von über 450 Millionen Euro zur Berichterstattung verpflichtet sein. Dies reduziert die Zahl der betroffenen Firmen um rund 80 %. Zudem wird die Umsetzung der CSDDD um ein Jahr auf 2028 verschoben, um Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben.
Erleichterungen für Unternehmen bei der Berichterstattung
Das Paket sieht vor, die Anforderungen an die Berichterstattung zu vereinfachen und zu harmonisieren. Die wichtigsten Änderungen sind:
- Reduktion des Datenumfangs: Nachhaltigkeitsberichte sollen schlanker werden, die Zahl der erforderlichen Datenpunkte wird um 70 % reduziert.
- Wegfall branchenspezifischer Standards: Unternehmen müssen künftig keine zusätzlichen branchenspezifischen Berichte mehr erstellen.
- Verzicht auf schärfere Prüfstandards: Die geplante Umstellung von einer begrenzten auf eine umfassende Prüfung („reasonable assurance“) entfällt.
- Freiwillige Nachhaltigkeitsstandards für KMU: Unternehmen außerhalb der Berichtspflicht können freiwillige, vereinfachte Standards nutzen.
Auch in der Lieferkettenrichtlinie CSDDD gibt es Erleichterungen: Unternehmen müssen nur noch direkte Zulieferer auf Nachhaltigkeitsrisiken prüfen, die Überprüfung indirekter Geschäftspartner ist nur noch bei konkreten Verdachtsmomenten notwendig.
Investitionsförderung und Änderungen am CO₂-Grenzausgleich
Neben den Änderungen an CSRD und CSDDD umfasst das Omnibus-Paket Anpassungen am InvestEU-Programm sowie am CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM):
- Durch vereinfachte Berichtspflichten und eine neue Garantieerweiterung soll das InvestEU-Programm zusätzliche Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Euro freisetzen.
- Im Bereich CBAM sollen 90 % der betroffenen Importeure von Berichtspflichten befreit werden, während dennoch 99 % der importierten CO₂-Emissionen erfasst bleiben.
HDE begrüßt EU-Vorstoß zur Entlastung des Handels
Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht die geplanten Änderungen als wichtigen Schritt zur Stärkung des Einzelhandels. Viele Handelsunternehmen stünden aktuell vor einer hohen bürokratischen Belastung durch komplexe und teils widersprüchliche Nachhaltigkeitsvorgaben.
HDE-Präsident Alexander von Preen lobte insbesondere die geplante Reduzierung der Berichtspflicht auf größere Unternehmen und die Streichung des unionsweiten Haftungsregimes. Er betonte jedoch, dass es für Händler entscheidend sei, Rechts- und Planungssicherheit zu erhalten: „Handelsunternehmen brauchen klare Zeitvorgaben und angemessene Vorlaufzeiten, um Investitionen zu tätigen und Prozesse langfristig anzupassen.“
Auch BGA sieht „positives Zeichen“
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) sieht in der Omnibus-Verordnung einen Schritt in die richtige Richtung, betont jedoch, dass weitere Reformen nötig sind. BGA-Präsident Dr. Dirk Jandura lobt insbesondere die Erleichterungen bei der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD): Unternehmen müssen künftig nur noch direkte Geschäftsbeziehungen prüfen, was den Mittelstand erheblich entlastet. Auch die Verlängerung der Prüfintervalle von jährlich auf fünf Jahre sowie die Verschiebung der Umsetzung auf 2028 schaffen mehr Planungssicherheit.
Jandura fordert jedoch weitere Maßnahmen, insbesondere bei den Berichtspflichten, wie etwa der Entwaldungsverordnung (EUDR). Übermäßige Bürokratie dürfe nicht zur Wachstumsbremse werden: „Es geht nicht darum, ob Unternehmen Verantwortung übernehmen – das tun sie bereits. Aber Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Umsetzbarkeit müssen Hand in Hand gehen.“