Der Handelsverband Deutschland (HDE) warnt in der aktuellen Debatte um eine mögliche Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro vor Eingriffen in die Arbeit der unabhängigen Mindestlohnkommission. Die SPD hatte das Vorhaben am Wochenende auf ihrem Bundesparteitag bekräftigt und versprochen, die Anhebung spätestens zum 1. Januar 2026 umzusetzen. Der HDE sieht dies kritisch und fordert, die Mindestlohnfestsetzung nicht politisch zu instrumentalisieren.
Steven Haarke, HDE-Geschäftsführer für Arbeit und Soziales, betonte, dass politisch motivierte Mindestlohnerhöhungen insbesondere die Tarifautonomie gefährden würden. „Der Mindestlohn darf nicht alle vier Jahre zum Spielball der Politik werden“, so Haarke. Ein solcher Eingriff führe dazu, dass das gesamte Lohngefüge in Deutschland nach oben gedrückt werde. Zwar verweist die SPD in ihrem Wahlprogramm auf die EU-Mindestlohnrichtlinie, doch die Diskussion sei aus Sicht des HDE dennoch problematisch. Das Bundesarbeitsministerium habe erst im November 2024 bestätigt, dass das deutsche Mindestlohnrecht die Vorgaben der EU-Richtlinie erfülle.
Hinzu kommt ein neuer juristischer Aspekt: Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) äußerte jüngst Zweifel an der Rechtmäßigkeit der EU-Mindestlohnrichtlinie. Die EU könnte mit der Richtlinie ihre Kompetenzen überschritten haben. Ein Urteil des EuGH wird im Laufe des Jahres erwartet. Haarke begrüßte die Einschätzung des Generalanwalts und hob hervor, dass die EU nach den Europäischen Verträgen keine Kompetenz in Fragen der Löhne und Tarifautonomie habe.
Laut HDE beeinflusst die SPD mit ihrer Positionierung indirekt die Arbeit der Mindestlohnkommission, die paritätisch besetzt und unabhängig ist. Die gesetzlich garantierte Unabhängigkeit der Kommission sei eine zentrale Säule des Mindestlohnsystems in Deutschland, so Haarke. Der Handelsverband kritisiert, dass die Diskussion zur aktuellen Zeit unnötig sei, da die Tariflöhne zuletzt ohnehin stark gestiegen sind – ein Effekt der hohen Inflation.
Die Mindestlohnkommission wird ihre nächste Empfehlung im Juni 2025 abgeben. Der HDE plant, im Vorfeld erneut eine umfassende Stellungnahme einzureichen, wie bereits bei der letzten Anpassung im Jahr 2023.