Nestlé hat im Rahmen der Ad-hoc-Mitteilung zu den neuesten Quartalszahlen einen umfassenden Umbau angekündigt, der in den kommenden zwei Jahren zum Abbau von rund 16.000 Arbeitsplätzen führen soll. Der neue CEO Philipp Navratil will damit die Effizienz steigern und das Wachstum beschleunigen. Besonders betroffen sind 12.000 sogenannte White-Collar-Stellen, also Verwaltungs- und Büroarbeitsplätze, die stark durch Künstliche Intelligenz (KI) bedroht sind. Weitere 4.000 Jobs entfallen auf operative Bereiche wie Produktion und Logistik.
Investitionen zeigen Wirkung – aber nicht überall
Trotz der tiefgreifenden Einschnitte verzeichnete Nestlé im dritten Quartal 2025 ein überraschend solides Wachstum. Die organische Umsatzsteigerung (OG) lag bei 4,3 Prozent, der Wert für das reale interne Wachstum (RIG) bei 1,5 Prozent – deutlich über den Erwartungen der Analysten. Verantwortlich dafür waren vor allem preisbasiertes Wachstum in den Segmenten Kaffee und Süßwaren sowie gezielte Investitionen in priorisierte Geschäftsfelder.
Navratil, zuvor Leiter von Nespresso, betont, dass Wachstum über RIG das Hauptziel sei. Bereits in den ersten neun Monaten 2025 zeigte sich ein positiver Trend: Die organische Wachstumsrate stieg auf 3,3 Prozent, verglichen mit 2,0 Prozent im Vorjahr. Besonders stark war das Wachstum in priorisierten Segmenten mit einem Plus von 14 Prozent.
Gewinnen in der Plattform-Ökonomie
Neuer Sparkurs: Mehr Effizienz, weniger Personal
Im Rahmen des Programms „Fuel for Growth“ erhöht Nestlé sein Einsparziel bis Ende 2027 von 2,5 auf 3,0 Milliarden Schweizer Franken (ca. 3,1 Mrd. Euro). Allein durch den Abbau der 12.000 White-Collar-Stellen sollen jährlich 1 Milliarde Franken eingespart werden. Die einmaligen Restrukturierungskosten werden auf das Doppelte dieser Summe geschätzt. Die übrigen 4.000 Stellenstreichungen erfolgen im Rahmen laufender Effizienzprogramme.
Parallel zur Personalreduktion setzt Nestlé verstärkt auf Automatisierung, Shared Services und eine innovationsgetriebene Wachstumsstrategie. Der Fokus liegt auf datengetriebener Kapitalallokation und dem Ausbau der sechs global priorisierten Produktinitiativen.
Strategischer Umbau in schwierigen Zeiten
Der Umbau erfolgt inmitten einer Phase personeller und operativer Turbulenzen: Navratil trat sein Amt nach dem Abgang von Laurent Freixe an, der das Unternehmen nach internen Verfehlungen verlassen musste. Auch der langjährige Chairman Paul Bulcke kündigte unlängst seinen Rückzug an. Zudem kämpft Nestlé mit schleppenden Geschäften in China, was die Gesamtentwicklung weiterhin belastet.
Die Umstrukturierung wird begleitet von Überlegungen zu Portfolioanpassungen. Neben möglichen Verkäufen unrentabler Geschäftsbereiche stehen auch größere Akquisitionen im Raum, um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern.
Ausblick: Chancen und Risiken eines radikalen Kurses
Mit dem angekündigten Stellenabbau und einer Fokussierung auf margenstarke Bereiche leitet Nestlé einen der tiefgreifendsten Transformationsprozesse der letzten Jahre ein. Ziel ist es, wieder zu den Branchenführern in Sachen Wachstum und Innovation aufzuschließen. Während Investoren erste Zeichen der Besserung würdigen, stehen die Zeichen intern auf Wandel – mit offenem Ausgang.


