Social Commerce ist auf dem Weg, zu einem integralen Bestandteil des Einzelhandels zu werden – und verändert die Customer Journey grundlegend. Der aktuelle Retail-Report 2025 von SOTI beleuchtet anhand von über 12.000 Befragungen aus zehn Ländern die Erwartungen, Vorlieben und Sorgen der Verbraucher. Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild: Der hybride Einkauf über soziale Plattformen wächst, wird aber durch Sicherheitsbedenken, mangelhafte Kommunikation und technische Schwächen gebremst.
Für Händler bedeutet das: Wer künftig erfolgreich sein will, muss personalisierte Erlebnisse bieten – und das Vertrauen seiner Kunden stärken.
Social Media wird zur Verkaufsplattform
Laut Report haben 49 % der Befragten weltweit angegeben, dass der Einkauf über soziale Medien eine einfache und bequeme Möglichkeit darstellt, Produkte zu entdecken und zu kaufen. Besonders stark zeigt sich dieser Trend bei der Generation Z: 62 % der Gen-Z-Konsumenten sehen Social Media als idealen Ort, um neue Trends zu verfolgen. Zum Vergleich: Nur 6 % der Baby Boomer haben bislang überhaupt über soziale Medien eingekauft.
Social Commerce ist damit längst kein Nischenphänomen mehr. Plattformen wie Instagram, TikTok oder Facebook haben gezielt in E-Commerce-Funktionen investiert. In-App-Käufe, personalisierte Werbeanzeigen und Live-Shopping-Formate machen es Nutzern leicht, Produkte direkt beim Scrollen zu erwerben. 65 % der Konsumenten sagen, dass das Smartphone für sie die bequemste Möglichkeit ist, einzukaufen.
Kurzfristig Experten benötigt? Hier die passenden Freelancer auf Fiverr
Technische Probleme und Abwicklungsmängel bleiben ein Hindernis
Trotz der zunehmenden Nutzung zeigt der Report deutlich: Die praktische Umsetzung des Social Commerce lässt vielerorts zu wünschen übrig. 73 % der Social-Commerce-Käufer berichten von mindestens einem Problem während des Einkaufs. Besonders häufig genannt wurden:
- Lange Lieferzeiten (37 %)
- Artikel, die anders aussahen als online dargestellt (35 %)
- Fehlende Versand- oder Bestellinformationen (28 %)
- Keine Rückmeldung bei Nachfragen (27 %)
- Technische Probleme und App-Abstürze (22 % weltweit, 18 % in den Niederlanden, 22 % in den USA)
Diese Schwächen führen nicht nur zu Frustration, sondern auch zu einem Vertrauensverlust. Gerade kleinere Händler stehen hier unter besonderem Druck: 61 % der Befragten äußern Zweifel, ob kleine Anbieter ihre Daten und Zahlungsinformationen ausreichend schützen können.
Personalisierung: Von der Kür zur Pflicht
Der Wunsch nach individuellen Einkaufserlebnissen hat stark zugenommen. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil der Verbraucher, die personalisierte Empfehlungen basierend auf früheren Käufen bevorzugen, von 30 % auf 64 % gestiegen. 82 % der Konsumenten weltweit sagen, dass sie Händler bevorzugen, die personalisierten Service bieten.
Auch der Einsatz von KI-Technologien wird zunehmend akzeptiert. Die Hälfte der Befragten befürwortet den Einsatz künstlicher Intelligenz, um Produktempfehlungen zu verbessern. Besonders interessiert zeigen sich die Konsumenten an folgenden Funktionen:
- Virtuelle Anprobe von Kleidung oder Brillen: 51 %
- Visualisierung von Möbeln im Wohnraum: 49 %
- Produktsuche über Foto-Upload: 49 %
Diese digitalen Services bieten Händlern die Möglichkeit, sich im Wettbewerb abzuheben. Gleichzeitig erwarten Verbraucher Transparenz bei der Nutzung ihrer Daten – ein Balanceakt, den nur wenige Unternehmen bislang überzeugend lösen.
Sicherheitsbedenken: Vertrauen entscheidet über den Kauf
Mit wachsender Digitalisierung wachsen auch die Ängste der Kunden. 82 % der Befragten weltweit geben an, sich Sorgen zu machen, wenn sie persönliche Daten online oder über Geräte im Geschäft eingeben. 71 % äußern Bedenken hinsichtlich der Sicherheit ihrer Daten beim Online-Shopping, insbesondere bei weniger bekannten Anbietern.
Die größten Sorgen bestehen in folgenden Bereichen:
- Speicherung von Zahlungs- und Rücksendedaten (45 %)
- Nutzung von Drittanbieter-Zahlungsdiensten (44 %)
- Identitätsdiebstahl und betrügerische Transaktionen (29 % hatten bereits entsprechende Erfahrungen)
Besonders deutlich wird der Einfluss dieser Ängste auf das Kaufverhalten: 60 % der Konsumenten haben laut SOTI einen Onlinekauf abgebrochen, weil sie dem Zahlungssystem nicht trauten. Für 76 % beeinflusst die Wahrnehmung des Datenschutzes eines Händlers die Entscheidung, ein stationäres Geschäft zu betreten.
Regionale Unterschiede im Vertrauen
Ein Blick auf die einzelnen Länder zeigt teils deutliche Unterschiede in der Wahrnehmung von Risiken:
- In Mexiko sorgen sich 84 % der Verbraucher um die Sicherheit beim Social-Commerce-Shopping, in Kanada 74 % und in Australien 73 %.
- In Europa sind die Bedenken etwas geringer ausgeprägt: In Frankreich (41 %), Schweden (41 %) und den Niederlanden (40 %) zeigen sich Konsumenten etwas entspannter.
- Dennoch bleibt das Sicherheitsbedürfnis überall hoch: 52 % der Verbraucher weltweit sind beunruhigt, wenn Händler wiederkehrende Bestelldaten speichern.
Anforderungen an die Infrastruktur: Reibungslose Prozesse sind Pflicht
Um die Erwartungen zu erfüllen, müssen Händler ihre Systeme optimieren. Der Report zeigt: Schwächen in der technologischen Infrastruktur können dazu führen, dass selbst interessierte Kunden abspringen. Die Fähigkeit, Angebot und Nachfrage in Echtzeit vorherzusagen und korrekt abzubilden, ist entscheidend – gerade im Social Commerce, wo spontane Kaufentscheidungen die Regel sind.
Nahtlose Lagerbestände, reibungslose Zahlungsvorgänge und schnelle Reaktionszeiten im Kundenservice sind keine Zukunftsthemen, sondern bereits heute wettbewerbsentscheidend.
Fazit: Vertrauen, Technologie und Personalisierung als Erfolgsfaktoren
Social Commerce ist auf dem Weg vom Trend zum Standardkanal. Doch mit steigender Relevanz wachsen auch die Anforderungen. Der SOTI Retail-Report 2025 zeigt klar: Konsumenten erwarten personalisierte, sichere und technisch ausgereifte Einkaufserlebnisse – unabhängig davon, ob sie im Laden, online oder über soziale Medien shoppen.
Händler, die diesen Anforderungen gerecht werden, können sich langfristige Wettbewerbsvorteile sichern. Voraussetzung ist der Aufbau vertrauenswürdiger, datensicherer Prozesse und die Bereitschaft zur kontinuierlichen Innovation. Social Commerce ist nicht nur ein zusätzlicher Verkaufskanal – er ist ein Prüfstein für die Zukunftsfähigkeit des gesamten Einzelhandels.