SAP steht im Verdacht, durch wettbewerbswidrige Geschäftspraktiken den Markt für Support und Wartung seiner ERP-Software zu verzerren. Die Europäische Kommission hat hierzu ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet, wie am Freitag mitgeteilt wurde. Dabei geht es um den sogenannten Anschlussmarkt für Dienstleistungen rund um die ERP-Systeme, die SAP im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf den Servern von Unternehmenskunden bereitstellt.
Die Brüsseler Behörde hegt den Verdacht, dass SAP auf diesem Markt eine beherrschende Stellung einnimmt und durch vertragliche Praktiken Drittanbieter systematisch ausschließt. In einer vorläufigen Bewertung listet die Kommission vier zentrale Verhaltensweisen auf, die eine Beschränkung des Wettbewerbs darstellen könnten.
Einheitliche Wartungspflicht und Kündigungsbarrieren
Zum einen sollen Kunden gezwungen worden sein, für sämtliche lokal betriebene ERP-Software dieselbe Art von SAP-Support zu wählen – unabhängig davon, ob sie nur einzelne Komponenten aktiv nutzen. Eine Kombination verschiedener Supportanbieter mit unterschiedlichem Leistungsumfang sei damit faktisch ausgeschlossen gewesen, obwohl dies aus Kundensicht kostengünstiger wäre.
Darüber hinaus wird SAP vorgeworfen, die Kündigung von Wartungsverträgen für ungenutzte Lizenzen zu blockieren. Kunden mussten demnach weiter für Leistungen zahlen, obwohl sie diese nicht in Anspruch nahmen. Auch eine systematische Verlängerung des Erstzeitraums, in dem der Support nicht gekündigt werden kann, steht auf der Liste möglicher Marktverzerrungen.
Gewinnen in der Plattform-Ökonomie
Hohe Wiederaufnahmegebühren im Fokus
Ein weiteres wettbewerbsrechtlich relevantes Verhalten betrifft die Praxis, Kunden nach einer Unterbrechung des Supports hohe Wiedereinstiegsgebühren zu berechnen – teils in der Höhe der gesamten Ausfallperiode. Dies könne einen abschreckenden Effekt haben und den Wechsel zu Drittanbietern unterbinden.
Die Kommission hält diese Verhaltensweisen potenziell für missbräuchlich im Sinne des Artikels 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Dieser untersagt die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung, sofern dadurch der Wettbewerb behindert wird.
Verpflichtungszusagen möglich – aber keine Feststellung eines Verstoßes
SAP hat nun Gelegenheit, freiwillige Verpflichtungszusagen anzubieten, um die Bedenken der Kommission auszuräumen. Ein solcher Schritt könnte das Verfahren ohne formellen Nachweis eines Verstoßes gegen das EU-Kartellrecht beenden. Wird ein solcher Vorschlag angenommen, wäre SAP rechtlich verpflichtet, die Zusagen umzusetzen.
Die Kommission betont, dass die Prüfung ergebnisoffen geführt wird. Nationale Wettbewerbsbehörden dürfen während der laufenden EU-Untersuchung nicht parallel tätig werden. Für den Abschluss des Verfahrens ist keine feste Frist vorgesehen.