Der Online-Modehändler Shein plant in den kommenden Wochen informelle Investorengespräche in Europa, um seine Vorbereitungen für einen Börsengang in London voranzutreiben. Dies berichteten drei mit der Angelegenheit vertraute Quellen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Treffen, sogenannte Roadshows, sollen das Interesse großer Investoren wecken und deren Fragen beantworten.
Shein, dessen Bewertung im vergangenen Jahr bei 66 Milliarden Dollar lag, hatte zunächst eine Börsennotierung in den USA ins Auge gefasst. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch an regulatorischen Hindernissen und dem Widerstand US-amerikanischer Politiker. Nun strebt das Unternehmen an, offenbar noch in diesem Quartal an der Londoner Börse zu debütieren, sofern die britische Finanzaufsichtsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) grünes Licht gibt.
Shein hatte bereits im Juni vertrauliche Unterlagen bei der britischen Aufsichtsbehörde eingereicht, um das IPO-Verfahren einzuleiten. Eine endgültige Entscheidung hängt jedoch auch von der Zustimmung der chinesischen Behörden ab. Die China Securities Regulatory Commission (CSRC) hatte dem Unternehmen signalisiert, dass es aufgrund von Problemen in der Lieferkette keine Empfehlung für eine US-Börsennotierung geben würde. Ob Shein mittlerweile eine positive Rückmeldung für die Londoner Pläne erhalten hat, ist unklar.
Der geplante Börsengang wird auch als möglicher Impuls für den angeschlagenen britischen IPO-Markt gesehen. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hat Großbritannien in diesem Jahr nur neun neue Börsengänge verzeichnet. Um international wettbewerbsfähiger zu werden, hat die britische Regierung im Sommer eine Reihe von Regeländerungen beschleunigt, um mehr Unternehmen für eine Börsennotierung in London zu gewinnen.
Trotz der ehrgeizigen Pläne steht Shein in Europa unter zunehmendem Druck. Mehrere Regierungen, darunter Deutschland, Frankreich und die Niederlande, haben jüngst die Europäische Union aufgefordert, Online-Plattformen wie Shein strenger zu regulieren. Insbesondere eine mögliche Abschaffung von Steuerbefreiungen für Pakete unter 150 Euro könnte die Gewinnmargen des Unternehmens beeinträchtigen.