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Mann beim Verschließen eines großen Sperrgut-Pakets
Foto: Ketut Subiyanto / Pexels

Meinung: Warum ein 15-Euro-Mindestlohn Online-Handel und Logistik schadet

Lesezeit ca. 3 Minuten

Die schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro bis 2026 könnte für Handel und Logistik zur großen Belastung werden. Gerade im Online-Handel setzen viele direkt oder indirekt auf Mitarbeiter am oder leicht über Mindestlohn. Zudem droht der Lohnabstand zu Fachkräften zu schrumpfen, was neue Probleme für den Arbeitsmarkt mit sich bringt.

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Die mögliche schwarz-rote Regierungskoalition plant eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro bis 2026. Was bereits im Wahlkampf von Olaf Scholz gefordert wurde und nun als sozialpolitischer Erfolg verkauft wird, könnte sich in Handel, Logistik und Gastronomie als Belastungsprobe erweisen. Während Befürworter von einer Stärkung der Kaufkraft sprechen, sollte vor allem vor steigenden Kosten und möglichen Arbeitsplatzverlusten gewarnt werden. So sehr ein höherer Mindestlohn menschlich richtig erscheint, so sehr wird es Branchen treffen, die Mitarbeitern mit oder knapp über dem Mindestlohn beschäftigen (müssen).

Besonders Online-Handel und Logistik betroffen

Neben der Gastronomie oder auch anderen Dienstleistungsbranchen gehören der Einzelhandel und Logistik zu den Branchen, in denen der Mindestlohn eine besonders große Rolle spielt. Im Stationärhandel findet zwar vielerorts eine Tarifbindung statt, doch vor allem Online-Händler und Logistikdienstleister setzen häufig auf Mitarbeiter im Niedriglohnsegment, haben allgemein knappe Margen und können höhere Personalkosten kaum einfach über Endkundenpreise weitergeben. Die Folgen werden sinkende Rentabilität und womöglich wegfallende Arbeitsplätze sowie drohende Unternehmensinsolvenzen sein.

Gerade in der Logistik, die hinsichtlich Fulfillment und „letzte Meile“ wiederum stark an den Online-Handel geknüpft ist, bewegen sich Löhne von Aushilfskräften und Minijobbern häufig auf Mindestlohnniveau. Sei es bei Subunternehmern der großen Carrier oder in internen Logistikeinheiten. Amazon, das Ende 2024 den Stundenlohn in der Logistik auf mindestens 15 Euro angehoben hat, bildet eher die Ausnahme. Und auch bei Amazon müsste aus Employer-Branding-Perspektive nach Anhebung des Mindestlohns der Einstiegslohn erneut erhöht werden. Eine Kostenspirale nach oben – Stichwort „Lohnabstand“.

Lohnabstand: Wenn Mindestlöhne Fachkräfte unter Druck setzen

Ein oft unterschätztes Problem der Mindestlohnerhöhung ist zudem der schrumpfende Lohnabstand zu Fachkräften. Wenn ungelernte Tätigkeiten mit 15 Euro vergütet werden, stellt sich für viele Arbeitgeber die Frage, wie sie qualifizierte Mitarbeiter angemessen entlohnen sollen. Fachkräfte mit Berufsausbildung oder langjähriger Erfahrung verdienen in vielen Handels- und Logistikberufen heute nur wenig mehr als den aktuellen Mindestlohn.

Steigt dieser nun auf 15 Euro, wächst der Druck auf Unternehmen, auch für Fachkräfte Löhne anzuheben – obwohl deren Produktivität nicht im selben Maß steigt. Das kann zwei unerwünschte Effekte haben: Entweder geraten Unternehmen finanziell weiter unter Druck oder gut ausgebildete Arbeitnehmer sehen sich gezwungen, in besser bezahlte Branchen abzuwandern. Beides könnte den ohnehin spürbaren Fachkräftemangel in Handel und Logistik noch verschärfen.

Letztlich zeigt sich: Die Debatte um den Mindestlohn kann nicht isoliert geführt werden. Ohne eine ganzheitliche Lohnpolitik, die auch mittlere und höhere Einkommensgruppen berücksichtigt, führt eine Erhöhung auf 15 Euro zu neuen Ungleichgewichten – mit unkalkulierbaren Folgen für den Arbeitsmarkt.

Politische Eingriffe untergraben Tarifautonomie

Die Mindestlohnkommission wurde einst geschaffen, um Lohnanpassungen unabhängig von politischen Interessen zu gestalten. Doch bereits die Erhöhung auf 12 Euro im Jahr 2022 erfolgte per Regierungsbeschluss – ein Präzedenzfall, der die Kommission als „Feigenblatt“ der Politik erscheinen lässt.

Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) kritisiert, dass erneut in bestehende Lohnstrukturen eingegriffen wird, wodurch tarifliche Vereinbarungen an Bedeutung verlieren. Auch die 15-Euro-Festlegung ist letztlich eine politische Entscheidung, die an den wirtschaftlichen Realitäten vieler Unternehmen vorbeigeht.

Zweischneidige Entlastungen für Unternehmen

Die geplanten Steuererleichterungen – von der Senkung der Stromsteuer bis zur dauerhaften Mehrwertsteuerreduzierung in der Gastronomie – könnten Teile der Mehrkosten ausgleichen. Doch ob sie ausreichen, um die Belastungen durch höhere Löhne zu kompensieren, ist mehr als fraglich.

Immerhin bietet die geplante Flexibilisierung der Arbeitszeiten den Unternehmen mehr Spielraum. Doch auch hier bleibt abzuwarten, wie die konkreten Regelungen aussehen. Ein Wochenarbeitszeitmodell könnte Arbeitgebern helfen, Personalkosten effizienter zu steuern – doch ob das reicht, um eine abrupte Lohnerhöhung zu verkraften, ist unklar.

Fazit: Eine riskante Wette auf den Konsum

Die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro wird von der Politik als sozialer Fortschritt verkauft. Doch die Risiken für Handel, Logistik und Gastronomie sind erheblich. Steigende Löhne bedeuten höhere Kosten, die nicht ohne Weiteres an Kunden weitergegeben werden können.

Statt eines politisch festgelegten Mindestlohns braucht es eine unabhängige, realitätsnahe Lohnpolitik und eine Steuerentlastung für den Niedriglohnsektor. Die Mindestlohnkommission sollte ihre ursprüngliche Rolle zurückerhalten – und politische Schnellschüsse, die langfristig mehr schaden als nützen, vermieden werden.

Mehr zu diesen Themen gibt es hier: Arbeitsmarkt, Gastronomie, Logistik, Politik, Stationärhandel

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