Die Erwartungen an eine rasche wirtschaftliche Erholung bei Galeria werden deutlich zurückgeschraubt. Bernd Beetz, der die Kaufhauskette gemeinsam mit dem kanadischen Unternehmer Richard Baker übernommen hat, erklärte gegenüber dem Magazin Focus, dass das avisierte Umsatzziel von 2,5 Milliarden Euro nicht kurzfristig erreichbar sei. Statt wie ursprünglich für dieses Jahr geplant – noch im Januar meldete Galeria, dass alle Filialen wieder schwarze Zahlen schreiben würde – sehe er diese Marke frühestens in zwei bis drei Jahren als realistisch an.
Konsumzurückhaltung und Sicherheitslage drücken auf das Geschäft
Beetz begründet die derzeitige Zurückhaltung mit einer „fast schon depressiven Konsumeinstellung der Deutschen“. Verstärkt werde das Problem durch die angespannte Sicherheitslage in Innenstädten. Besonders der Standort Mannheim leide nach wie vor unter den Auswirkungen schwerer Gewalttaten. Frauen zeigten laut Beetz eine zunehmende Zurückhaltung, abends in die Stadtzentren zu kommen – ein Trend, der sich messbar auf die Besucherzahlen auswirke.
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Galeria will 2025 schwarze Zahlen schreiben
Trotz aller Herausforderungen gibt sich Beetz für das laufende Jahr vorsichtig optimistisch. Ziel sei es dennoch, über das Gesamtjahr hinweg mit allen 83 Filialen ein positives Betriebsergebnis zu erzielen. Dazu soll ein sukzessiver Umbau der Filialen beitragen, um das Einkaufserlebnis zu verbessern und Kunden zurückzugewinnen.
Online-Konkurrenz aus China sorgt für Druck
Ein weiteres strukturelles Problem sieht Beetz in der zunehmenden Dominanz chinesischer Online-Anbieter. Diese verschickten täglich hunderttausende Pakete direkt an deutsche Verbraucher – ohne Zollabwicklung oder Kontrollen, während heimische Händler mit umfangreichen bürokratischen Auflagen zu kämpfen hätten. Dies stelle eine massive Wettbewerbsverzerrung dar, die dem stationären Handel zusätzlich zu schaffen mache. Über die eigene E-Commerce-Strategie von Galeria ist dagegen weiter nichts bekannt.
Die unbequeme Wahrheit: Galeria kämpft weiter mit Altlasten
Trotz neuer Initiativen wie der Logistik-Partnerschaft mit Fiege oder die Kooperation mit Decathlon bleiben, unabhängig vom Führungswechsel, aus Beobachtersicht die grundlegenden Probleme bei Galeria bestehen – und sie reichen tief. Seit Jahrzehnten leidet das Unternehmen unter einer Kette gescheiterter Sanierungen, hoher Kostenstrukturen und einem überholten Geschäftsmodell. Die Kombination aus nicht konkurrenzfähigen Sortimenten, hoher Mietenlast, unklarer strategischer Ausrichtung und einer zunehmend überforderten Organisation lässt wenig Spielraum für echte Erneuerung. Zwar versprachen und versprechen die neuen Eigentümer, den Großteil der Filialen weiterzuführen, doch angesichts fehlender Differenzierung und hoher Investitionsbedarfe erscheint selbst dieses Ziel ambitioniert. Besonders Standorte in kleineren Städten dürften auf Dauer kaum tragfähig sein.
Hinzu kommt eine chronisch schwache digitale Aufstellung. Galeria hat es versäumt, eine klare Rolle im Onlinehandel zu finden, und steht mit seinem E-Commerce-Angebot im Schatten übermächtiger Wettbewerber. Die Omnichannel-Strategie blieb Stückwerk, weil operative Exzellenz fehlte – sowohl online als auch in der Integration der Kanäle. Anstatt Synergien zu heben, entstanden neue Komplexitäten und Kosten.
Fazit
Der Eindruck drängt sich erneut auf, dass Galeria weder digital noch stationär über eine klare Zukunftsvision verfügt. Der Verweis auf das schlechte Konsumklima und „neue“ Online-Wettbewerber ist zu einfach und gleicht eher einer Nebelbombe. Das Fazit bleibt nach der letzten Insolvenz bleibt: Ohne ein tiefgreifendes strategisches Umdenken und substanzielle Investitionen in Sortimente, Strukturen und Technologie ist der Fortbestand des Gesamtkonzepts weiterhin hochgradig gefährdet.