Der chinesische Online-Marktplatz Temu hat Berichten nach letzte Woche überraschend alle Shopping-Anzeigen bei Google in den USA gestoppt. Bereits wenige Tage später flog die App im Apple App Store aus den Top-50-Charts – ein deutlicher Hinweis darauf, wie stark die Plattform hinsichtlich Neu-Downloads auf bezahlte Reichweite angewiesen war. Der US-Marketingexperte Mike Ryan von Smarter Ecommerce hatte als erstes den Einbruch entdeckt und auf LinkedIn geteilt.
Werberückzug und Zölle setzen Geschäftsmodell unter Druck
Der Rückzug fällt zeitlich mit der Verschärfung der US-Handelspolitik gegenüber China zusammen. Die Regierung unter Donald Trump hat neue Strafzölle von bis zu 125 Prozent auf chinesische Importe angekündigt. Zugleich geraten Schlupflöcher wie der „de minimis“-Importmechanismus verstärkt unter Druck. Temus auf volumenstarken Direktimporten basierendes Modell verliert damit seine wirtschaftliche Grundlage – insbesondere, da viele Produkte unterhalb der Gewinnschwelle verkauft wurden, um Marktanteile zu gewinnen.
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Temporäre Entlastung für Wettbewerber – aber Unsicherheit bleibt
Für andere E-Commerce-Anbieter könnte der vorläufige Rückzug von Temus Markektingaktivitäten kurzfristig Vorteile bringen, wie Search Engine Land kommentiert: Werbekosten auf Plattformen wie Google könnten sinken, da ein großer Mitbieter wegfällt. Auch eine temporäre Senkung der CPM- und CPC-Werte ist denkbar – ähnlich wie beim Rückzug Amazons aus der Werbung während der Pandemie.
Langfristig jedoch könnten verschärfte Importregeln und hohe Zölle nicht nur chinesische Plattformen, sondern auch kleine und mittlere Händler in den USA treffen, die auf günstige Direktimporte angewiesen sind. Ebenso auch Amazon’s Haul, das auf den Direktverkauf von meist chinesischen Händlern setzt.

Gewinnen in der Plattform-Ökonomie
Keine endgültige Aufgabe – Mutterkonzern bleibt stabil
Im Unterschied zu früher gescheiterten Modellen wie Wish.com verfügt Temus Mutterkonzern PDD über sehr stabile finanzielle Rücklagen. Eine Marketing-Rückkehr in den US-Markt ist daher nicht ausgeschlossen – insbesondere, wenn sich die handelspolitische Lage wieder entspannt. Wie nachhaltig Temu auf dem amerikanischen Markt bestehen kann, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.