Mit dem Wegfall der ‚De Minimis‘-Regelung am 2. Mai hat sich das wirtschaftliche Umfeld für internationale Online-Händler wie Shein und Temu grundlegend verändert. Bislang durften Sendungen mit einem Warenwert unter 800 US-Dollar (rund 745 Euro) zollfrei in die USA eingeführt werden – ein entscheidender Vorteil für asiatische E-Commerce-Plattformen, die ihre günstigen Produkte direkt an US-Kunden lieferten.
Zollschranken steigen – mit Folgen für den Handel
Die Streichung des ‚De Minimis‘-Privilegs erfolgte aus Sorge vor unkontrollierter Einfuhr von Drogen und dem wachsenden Wettbewerbsdruck auf US-Händler. Die Folge: Zölle von bis zu 145 Prozent drohten, wodurch das Geschäftsmodell günstiger Direktversender akut gefährdet war. Bereits kurz nach der Gesetzesänderung verzeichnete der Luftfrachtverkehr von China in die USA einen Rückgang von 39 Prozent.
Temporäre Entlastung durch Zollkompromiss
Nur wenige Tage nach Inkrafttreten der neuen Regelung folgte ein diplomatisches Entgegenkommen: Im Rahmen eines kurzfristigen Handelsabkommens einigten sich die USA und China in Genf auf eine befristete Absenkung der gegenseitigen Zölle. Für Importe chinesischer Waren in die USA sinkt der Satz von 145 auf 30 Prozent – vorerst für 90 Tage. Gleichzeitig reduzierte China seine Zölle auf US-Waren von 125 auf 10 Prozent.
Strategiewechsel: Von Einzelpaketen zu Lagerlogistik
Die neue, wenn auch aktuell wieder entschärfte Situation zwingt Shein und Temu, ihre Lieferketten neu auszurichten. Experten gehen davon aus, dass die Händler nun verstärkt auf Sammeltransporte und die Auffüllung von US-Lagern setzen werden. Temu zeigt mittlerweile nur noch Artikel in lokalen Lagern im US-Shop an. Auch der Wechsel von Luft- auf Seefracht dürfte eine wichtige Rolle spielen, um Kosten zu senken und die Preiskompetenz gegenüber etablierten Händlern aufrechtzuerhalten.
Preisniveau bleibt unter Kontrolle
Obwohl die Preise durch die entfallene Zollfreiheit steigen werden, bleibt der große Preissprung aus – dank der vorübergehenden Senkung auf 30 Prozent. Für Kunden bedeutet dies: Produkte werden zwar teurer als zuvor, aber deutlich günstiger als bei einem Zollsatz von 145 Prozent. Für Shein und Temu bleibt damit ein Spielraum, um ihre US-Präsenz zu sichern.
Fazit: Kurzfristige Anpassung statt Rückzug, Ausgang unklar
Der Verlust der ‚De Minimis‘-Regel zwingt internationale Direktversender zu strukturellen Anpassungen, bietet aber zugleich die Chance, sich strategisch neu aufzustellen. Die nächsten 90 Tage werden entscheidend sein, ob Unternehmen wie Shein und Temu ihre Position im US-Markt behaupten können – oder Marktanteile an lokale Händler verlieren.