Am 2. Mai 2025 trat in den Vereinigten Staaten eine tiefgreifende Änderung im internationalen Handelsrecht in Kraft: Die De-minimis-Regelung, die zollfreie Einfuhren unterhalb eines Warenwerts von 800 US-Dollar (rund 750 Euro) erlaubte, wurde abgeschafft. Die kurz nach Donald Trumps Amtsantritt getroffene Entscheidung markiert einen Wendepunkt für internationale E-Commerce-Plattformen wie Temu, Shein und AliExpress, die bisher stark vom faktisch zollfreien Direktversand in die USA profitiert hatten.
Ursprung und Bedeutung der De-minimis-Regel
Die De-minimis-Regel diente ursprünglich der Entlastung von Zollbehörden bei geringwertigen Warensendungen. Mit einem Schwellenwert von 800 US-Dollar bot die US-Regelung den großzügigsten Rahmen weltweit. Zum Vergleich: In der EU liegt die Grenze bei 150 Euro, in Kanada bei rund 27 Euro. Die Folge war ein massiver Anstieg von Kleinsendungen aus dem Ausland – insbesondere aus China.
Im Jahr 2024 wurden laut offiziellen Daten über 1,36 Milliarden solcher Sendungen in die USA importiert. Ein großer Teil davon wurde über Plattformen wie Shein, Temu und AliExpress abgewickelt. Diese Anbieter nutzten die Möglichkeit des zollfreien Versands systematisch, um günstige Preise anzubieten und ihre Marktanteile in den USA auszubauen.
Kurzfristig Experten benötigt? Hier die passenden Freelancer auf Fiverr
Strategien von Temu, Shein und Co
Temu, Tochter von PDD Holdings, sowie der Fast-Fashion-Anbieter Shein gehörten zu den größten Profiteuren der Regelung. Der Direktversand aus China erlaubte aggressive Preissetzungen, die lokalen Händlern kaum Spielraum ließen. Kunden konnten T-Shirts, Haushaltswaren oder Elektronikartikel zu Bruchteilen der Preise lokaler Anbieter bestellen – ohne zusätzliche Abgaben oder lange Wartezeiten.
Nun müssen diese Plattformen ihr Modell überdenken. Temu kündigte bereits länger an, in den USA Lagerstandorte aufzubauen, um Einfuhrzölle zu umgehen. Auch Shein prüft nach eigenen Angaben neue Logistikstrategien bis Gerüchten zufolge einen kompletten Umbau der US-Operations.
Beweggründe für das Ende der Zollfreigrenze
Die Entscheidung zur Abschaffung der De-minimis-Regel wurde unter der Trump-Administration vorbereitet und verfolgte mehrere Ziele:
- Wirtschaftlicher Schutz: US-Einzelhändler sollten vor der ausländischen Niedrigpreis-Konkurrenz geschützt werden.
- Sicherheitsaspekte: Der zollfreie Versand wurde als potenzieller Einfallspunkt für Schmuggelware, etwa Fentanyl, gesehen.
- Geopolitik: Die Maßnahme gilt auch als Druckmittel im eskalierenden Handelskonflikt mit China.
Konsequenzen für den Markt und Verbraucher
Für Verbraucher in den USA bedeutet das Ende der De-minimis-Regel zweifelsohne höhere Endpreise. Auf bestimmte Produkte könnten im Rahmen der aktuellen Eskalation gegenüber China künftig Zölle von mehr als 100% erhoben werden. Schnäppchenkäufe bei Temu oder Shein werden dadurch deutlich unattraktiver.
US-Händler begrüßen die Neuregelung, da sie mit einem Abbau von Wettbewerbsverzerrungen rechnen. Gleichzeitig könnte sich das Handelsklima zwischen den USA und China weiter verschärfen. Experten warnen zudem vor logistischen Engpässen, sollte der Paketstrom in die USA durch verstärkte Zollkontrollen ins Stocken geraten.
Auswirkungen auf deutsche Online-Händler
Auch deutsche Online-Händler, die preisgünstige Produkte in die USA exportieren, sind von der Abschaffung der De-minimis-Regelung betroffen. Bisher konnten kleinere Anbieter etwa Mode-, Technik- oder Haushaltsartikel zollfrei in die USA versenden und so im internationalen Geschäft konkurrenzfähig bleiben. Mit dem Wegfall der Freigrenze steigen nun die Kosten für den Versand in die Vereinigten Staaten, was vor allem kleinere E-Commerce-Anbieter unter Druck setzt und ihre Marktchancen in den USA deutlich einschränken könnte.
Bewertung und Ausblick
Die Abschaffung der De-minimis-Regel ist ein Signal an den globalen Handel: Der freie Zugang zu Verbrauchermärkten steht zunehmend unter politischem Vorbehalt. Für E-Commerce-Plattformen bedeutet das eine Zäsur. Wer im US-Markt bestehen will, muss sich auf höhere Kosten, komplexere Logistik und neue regulatorische Anforderungen einstellen.
Langfristig könnte sich das Kräfteverhältnis im Online-Handel verschieben – mit potenziellen Vorteilen für lokale Anbieter, aber auch mit Risiken für Verbraucherpreise und globale Lieferketten.